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Pflege für ein gesundes Fischleben

Pflege für ein gesundes Fischleben

Wir möchten, dass unsere Fische gesund, zufrieden und lange leben. Als Halter haben wir auch eine Verantwortung dafür, dass sie es können. Deshalb sollten wir jeglichen unnötigen Stress von unseren Pfleglingen fern halten. Stress schadet dem Immunsystem und schwächt die Abwehrkräfte und ist daher – wie auch beim Menschen – einer der Hauptauslöser für Krankheiten bei Fischen.

In den heimischen Gewässern unserer Zierfische sorgt die Natur für optimale Lebensbedingungen. Im Aquarium müssen wir den biologischen Kreislauf aktiv überwachen und mit Pflegemaßnahmen lenken, denn das “Ökosystem” Aquarium ist zu klein, um selbständig als abgeschlossenes System unverändert zu bestehen.

Bei der Aquarienpflege kommt es hauptsächlich darauf an, den Lebensraum Wasser für deine Zierfische so zu gestalten, wie sie es von Natur aus gewohnt sind.

Passendes Wasser

Nicht umsonst lautet ein altbekanntes Sprichwort unter Aquarianern „kümmere dich um das Wasser, dann kommen die Fische alleine klar“. Die richtige Wasserqualität ist artabhängig, denn Fische wachsen in unterschiedlichen Lebensräumen auf, bevorzugen verschiedene Wasserwerte (Säuregehalt, Härte, usw.) und vertragen nicht gleichermaßen Belastungen und Verschmutzungen. Es gibt Generalisten, die sich an verschiedenste Umstände anpassen können, und Spezialisten, die nur in ihren ganz eigenen Bedingungen überhaupt überleben können und bei denen schon kleinste Abweichungen zu Krankheit und Tod führen.

Wir müssen uns darüber klar sein, dass der Fisch in seinem Medium Wasser in viel stärkerem Maß den chemischen Einflüssen seiner Umwelt ausgeliefert ist. Für uns Landbewohner gibt es keinen pH Wert oder Härtegrad der Luft – aber wir merken sofort, was diese bedeuten, wenn wir uns ins Wasser begeben. Nach dem Baden ist unsere Haut schrumpelig, denn sie hat Wasser aufgenommen. Es hat also in Windeseile einen Austausch von Molekülen gegeben, das Wasser ist einfach in uns hinein gezogen. Diesen Umständen ist der Fisch die ganze Zeit ausgesetzt, und das nicht nur mit harmlosem Wasser sondern mit jeglichen Stoffen, die darin gelöst sind. Natürlich haben Wasserlebewesen sich darauf eingestellt und haben Schutzmechanismen entwickelt, aber diese sollten nicht überbelastet werden.

Mangelhafte Wasserqualität löst unweigerlich bei Fischen Stress aus. Das kann beispielsweise passieren, wenn der Säuregrad unter den bevorzugten pH-Wert sinkt oder ihn übersteigt, das Becken zu kalt ist oder die Wasserbelastung dauerhaft über dem Toleranzwert liegt – dann sind die Schutzmechanismen die ganze Zeit be- oder sogar überlastet.

Der Säuregrad ist eigentlich eine Angabe über die chemische Reaktionsbereitschaft des Wasser.

Die Härte hat einen intensiven Einfluss auf den osmotischen Druck. Salz zieht Wasser an – es ist also von großer Wichtigkeit, wie viel Salz im Fischkörper ist, und wie viel im umgebenden Wasser (Und das betrifft nicht ausschließlich unser “Speisesalz” sondern alle als Salze vorliegenden Stoffe).

Liegt hier ein Missverhältnis vor, muss der Fischkörper ständig dagegen anarbeiten, und das erschöpft ihn mit der Zeit, macht ihn anfällig und lässt ihn früh sterben. Deshalb ist es so wichtig, die Wasserwerte, die sich unsere Zöglinge wünschen, herzustellen.

Dabei ist natürlich auch die Schadstoffbelastung gemeint. Es wird immer etwas zugefügt – in Form von Futter. Dieses Material muss irgendwo hin und wird durch den Aquarianer über das Gärtnern und den Wasserwechsel wieder entfernt.

gesundes Pflanzen, gesundes Wasser = gesunde Fische. Bildquelle: JBL
gesundes Pflanzen, gesundes Wasser = gesunde Fische. Bildquelle: JBL

Pflanzen zu düngen hilft indirekt beim sauber halten des Wassers, denn beim Wachstum nehmen Pflanzen unter anderem Nitrat auf und binden es damit. Aber es geht nicht ausschließlich um Nitrat, und die Pflanzen können nicht alle Stoffe brauchen, deshalb ist der Wasserwechsel unerlässlich. Sonst würden sich diese belastenden Stoffe anhäufen und die Fische irgendwann vergiften. Durch reichliche Bepflanzung können nur die Abstände zwischen den Wechseln gestreckt werden.

Eine starke organische Belastung (z.B. auch durch Überfütterung) führt auch zu hoher Keimzahl des Wassers. Die Dichte schädlicher Keime ist im kleinen Aquarium ungleich viel höher als in der Natur und fordert das Immunsystem. Häufig brechen dann Krankheiten aus, deren Erreger bereits unbemerkt im Becken vorhanden waren ( sog. Schwächeparasiten).

Empfehlenswert ist der Wechsel relativ kleiner temperierter Wassermengen von ca. 20 % einmal wöchentlich, der die Schadstoffbelastung und die Keimdichte reduziert. Größere Wasserwechsel (über 50 %) stören das Gleichgewicht im Aquarienbiotop und sollten deshalb Notfällen wie einer akuten Nitrit- oder Kupfervergiftung vorbehalten bleiben. Das Wasser aus dem Hahn ist Trinkwasser, was nicht per se auch gut für die Aquaristik ist. Oft werden desinfizierende Chemikalien wie Chlor ein gesetzt, um gefährliche Bakterien und Keime abzutöten. So kommt es, dass Wasser, das wir trinken können, für die empfindlichen Schleimhäute der Fische schon viel zu aggressiv und für Zierfische zu giftig ist. Gleichzeitig enthält dieses Wasser auch so gut wie keine nützlichen Bakterien. Durch das Chlor werden auch die im Aquarium vorhandenen Reinigungsbakterien deutlich reduziert.

Tipp: Chlor gast aus, ein guter Teil davon verschwindet schon aus dem Wasser, wenn wir es mit dem Brausekopf sprudelnd in den Eimer befördern oder das Wasser einige Stunden abstehen lassen.

Ein guter Wasseraufbereiter hilft, aus dem Trinkwasser Aquarienwasser zu machen.

Die Temperatur ist auch ein bedeutender Faktor. Fische sind wechselwarm, ihr Körper produziert kaum Wärme und hat nahezu Umgebungstemperatur. Die Temperatur hat aber einen äußerst wichtigen Einfluss auf alles Leben. Bei uns warmblütigen Menschen reichen schon wenige Grad jenseits unserer extrem genau eingestellten Körpertemperatur aus, damit wir uns höchst unwohl fühlen oder sogar in lebensgefährliche Zustände kommen.

Ein Hauptbaustein des Lebens – Eiweiß, also Proteine – ist extrem abhängig von der Temperatur. Und da die Fischkörpertemperatur der Umgebungstemperatur folgt, stellen wir seine Lebensvorgänge direkt mit der Wassertemperatur ein und müssen dementsprechend die Bedürfnisse der gepflegten Arten beachten.

Harmonische Vergesellschaftung

Stress kann aber auch aus anderen Quellen auf die Fische einwirken.

Jede Fischart hat spezielle Eigenarten, mit der eventuell nicht alle Mitbewohner zurechtkommen. Deshalb ist es wichtig, auf das Revierverhalten, das Ruhebedürfnis, die Schlaf-­ und Fressgewohnheiten der einzelnen Arten einzugehen und nur Arten zusammen zu halten, die gut miteinander auskommen.

Unser Aquarium ist ja eine Art aufgezwungener WG – und wenn schon die Fische sich ihre Mitbewohner nicht selbst aussuchen können, so sollten wir als Halter das so tun, dass alle damit glücklich sind.

Ausgesprochenen “Angsthasen” kann man manchmal sogar einen Gefallen mit mutigen Mitbewohnern tun, die ihnen ein Gefühl von Sicherheit geben. Auch die Größe des Schwarms bei Schwarmfischen vermittelt Sicherheit und reduziert damit Stress, wobei ein Überbesatz zu vermeiden ist.

Ein nicht zu unterschätzender Stressfaktor ist auch die Einrichtung des Beckens. Fische orientieren sich per Sicht aber zum guten Teil auch mit ihrem Seitenlinienorgan, das eine Art Echolot ist, im Raum.

Ein leeres Becken bedeutet grade für Wildfänge ein ungewohntes, deckungsfreies Gebiet, das ihnen Angst macht. Strukturierung und Deckung zu Verfügung zu stellen dient also auch ihrer Gesunderhaltung.

Viele Fische werden sogar viel mutiger, wenn sie ihr Versteck “im Rücken” haben und sind dann eher zu sehen, als wenn sie keine richtige Rückzugsmöglichkeit geboten bekommen und sich deshalb panisch in irgend eine Ecke drängen.

Gesunde Ernährung

Ohne gutes Futter wird es auch keine gesunden Fische geben. Abwechslungsreich, den natürlichen Fressgewohnheiten der Fische angepasst und nicht zuviel ist die Devise.

Das Futter muss alle notwendigen Vitamine, Proteine und Nährstoffe enthalten, deshalb hier bitte auf Qualität achten. Das vermeidet zudem Wasserbelastung durch unverdaute Futterbestandteile. Je besser das Futter ist, desto weniger landet davon über die Ausscheidung im Wasser.

Die Fische werden es euch danken.

Richtige Pflege

Zu den täglichen Pflegemaßnahmen, die sicherstellen, dass es unseren Fischen gut geht, gehören:

  • Checken ob der Filter läuft, und dies ausreichend, ggf. säubern.
  • Temperatur im grünen Bereich, Heizer intakt?
  • ausreichend Licht für die Pflanzen da, oder muss gegärtnert werden?
  • Fische alle da und gesund, keine Verhaltensauffälligkeiten oder äußerliche Veränderungen?

Regelmäßig sollte außerdem das Wasser auf die wichtigsten Parameter getestet werden. Mit der Erfahrung stellt sich zwar ein “Gefühl” dafür ein, zumindest was die Schadstoffbelastung angeht. Aber es schadet nie, das Wasser gelegentlich zu prüfen, denn auch die Werte des Leitungswasser können sich zum Beispiel durch Tieferbohrung von Brunnen plötzlich ändern.

Jeder Eingriff ins Aquarium bedeutet für die Bewohner einen gewissen Stress.

In der Aquaristik gilt: In der Ruhe liegt die Kraft – nicht zu viel werkeln. Es gibt nur wenige Ausnahmesituationen, in denen sofortiges Handeln die beste Option ist: Vergiftungen und schnell fortschreitende Krankheiten.

Ansonsten braucht grade am Anfang das biologische System Zeit, sich einzupendeln.

Also so viel wie nötig, so wenig wie möglich tun, und auf eine gewisse Regelmäßigkeit achten. Aquarienbewohner stellen sich zum Beispiel auf den “Sonnenauf- und untergang” ein und erschrecken, wenn das Licht zu ungewohnten Zeiten an und aus geht, daher ist eine Zeitschaltuhr dem einschalten per Hand vorzuziehen.

Wie andere Wirbeltiere besitzen auch Fische ein gut entwickeltes Nerven- und Hormonsystem, das ihnen aus gefährlichen Situationen heraushilft. Fische zeigen je nach Art der Belastung unterschiedliche Stressreaktionen. Sind sie beispielsweise längere Zeit einer Stresssituation ohne Aussicht auf Besserung ausgesetzt (man denke an einen See mit sinkendem Wasserpegel und zunehmend hoher Schadstoffkonzentration), schütten sie Hormone aus (Corticosteriode), die eine Reihe physiologischer Veränderungen auslösen. Es erhöht sich ihr Blutzuckerspiegel um die letzten Notreserven zu mobilisieren, um noch so spärlichen Energiereserven zu finden. Dazu schalten sie nicht unmittelbar lebensnotwendige Systeme einfach ab: Fortpflanzungsorgane, Immunsystem, Pigmentation oder sogar das Wachstum.

Wenn wir dieses Wissen auf Aquarienfische übertragen, ist leicht zu verstehen, warum die Haltung unter nicht idealen Bedingungen die Gesundheit der Fische gefährdet. Langfristiger Stress schwächt das Immunsystem und macht die Fische anfällig für verbreitete Krankheiten. Weitere Anzeichen dafür, dass Fische unter Stress leiden, sind eine schwache Färbung, gehemmtes Wachstum und mangelnde Kondition.

Ein kostbarer Puffer gegen jegliche plötzliche Veränderungen ist der Bakterienrasen, der sich auf allen Oberflächen und im Filter befindet. Dieser sollte niemals ganz entfernt werden! Im Aquarium ist penible Sauberkeit nicht angebracht, der Bakterienrasen ist essenziell wichtig für das Funktionieren des Systems. Eine regelmäßige “Grundreinigung” schadet, man verteilt die Reinigungstätigkeit besser auf verschiedene Zeitpunkte, also Wasserwechsel in der einen Woche, Filterreinigung (nicht komplett, nur leicht ausspülen) in der anderen.

Sondersituationen

Schon beim Einsetzen der Fische in ihr neues Heim kann man ihnen viel Stress ersparen.

Öffne den Beutel und kremple den Rand mehrfach um, so dass der Beutel von selbst offen im Wasser stehen bleibt. Im Verlauf von einer halben Stunde die zwei­ bis dreifache Menge Aquarienwasser portionsweise in den Beutel geben. Nach 30 Minuten können die Fische mit einem Fangnetz umgesetzt werden. Das Transportwasser gehört nicht ins Aquarium, denn es kann unerwünschte Stoffe oder Krankheitserreger enthalten, die man nicht unnötig seinem Aquarium zuführt.

Das Licht auszuschalten beruhigt gestresste Fische ebenfalls. Es kann auch den Fang erleichtern – manche Kandidaten sind praktisch unmöglich in einem eingerichteten Becken zu erwischen. Bevor man sich selbst und die Tiere verrückt macht (und ja, es kann tatsächlich sein, dass empfindliche Fische in extremen Stressituationen vor Angst sterben), kann man zum Beispiel probieren die Fische bei Nacht zu fangen, wenn sie noch schläfrig sind, oder eine Reuse zu bauen, anstatt stundenlang mit dem Kescher hinter ihnen her zu jagen.

Manchmal kann es auch erfolgreicher sein, einen Kescher etwas mit Pflanzen getarnt im Becken aufzustellen und mit einem anderen den Fisch vorsichtig in die Falle zu treiben.

Wenn man innerhalb seiner eigenen Anlage Fische umsetzt, muss man abwägen, was am wenigsten Stress ist. Wenn die Wasserwerte und Temperatur der Becken sich praktisch gleichen, ist die Methode “kurz und schmerzlos” meist am stressärmsten – also einfach direkt per Kescher von einem Becken ins andere setzen. (Dabei natürlich mögliche Ansteckungsgefahr bedenken!)

Bei unterschiedlichen Wasserwerten sollte immer schonend angepasst werden, ins besondere, wenn von härterem in weicheres Wasser umgesetzt wird.

Fazit

Es gibt jede Menge Möglichkeiten für den Pfleger, Stress für seine Tiere zu vermeiden. Diese zu nutzen erhält unsere Fische gesund, schön und munter und bereitet uns damit viel mehr Freude als Tiere, die durch unwissentlich gemachte Pflegefehler beeinträchtigt sind. Deshalb sollten wir uns regelmäßig ehrlich prüfen, ob wir wirklich das Beste für unsere Fische tun – besonders dann, wenn erste Warnzeichen wie Farblosigkeit, verfrühter Tod, unnatürliches Verhalten oder Krankheiten auftreten.

Quellen: Sera, Tetra, ZZF

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