Raritäten & Neuimporte im Fokus 244

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Raritäten & Neuimporte im Fokus 244

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

oben links: Jenynsia lineata

Zu den häufigsten Kleinfischen des südlichen Südamerikas – Argentinien, Urugay, Paraguay, südliches Brasilien – zählen die Jenynsia-Arten. Aquaristisch sind sie jedoch extreme Raritäten. Jetzt werden Jenynsia lineata bereits als Nachzucht angeboten.
Die Benamung bei Jenynsia ist leider teils chaotisch; bis Anfang der 1990er Jahre wurde nur eine einzige Art anerkannt, nämlich J. lineata; gegenwärtig sind es 13. Viele der früher zu J. lineata gezählten Populationen werden heute zu J. multidentata gerechnet, der am weitesten verbreiteten Art der Gattung. Es ist darum ziemlich kompliziert, bei der Analyse der wissenschaftlichen und erst recht der aquaristischen Literatur herauszufinden, welche Art denn genau gemeint war
Jenynsia sind enge Verwandte der Vieraugen (Anableps). Auf Englisch nennt man sie auch „one-sided livebearers“, also „einseitige Lebendgebärende“, da sich hartnäckig das Gerücht hält, dass bei den Weibchen entweder links oder rechts von der Geschlechtsöffnung eine Schuppe sitzt, die eine Begattung von diese Seite aus unmöglich macht. Das wurde durch neuere Untersuchungen jedoch widerlegt. Tatsächlich gibt es aber Männchen, die ihr Begattungsorgan – das Gonopodium – nur nach links und solche, die es nur nach rechts ausklappen können. Der Sinn dieser Einseitigkeit ist noch nicht verstanden.
Die Jenysia bei Glaser erwiesen sich als ausgesprochene Schwarmfische, die bei Beunruhigung stets dicht beisammen schwimmen. Es gibt übrigens eine interessante wissenschaftliche Untersuchung, nach der in freier Natur stets etwa die Hälfte der Fische bei Gefahr nach links, die andere nach rechts flüchtet.
Die Pflege von Jenynsia ist etwas für speziell interessierte Liebhaber, die sich eher für das Verhalten und Besonderheiten begeistern können als für einen möglichst komplikationsfrei für das Gesellschaftsaquarium geeigneten, bunten Fisch. Langfristig ist bei solchen subtropischen Fischen immer zu beachten, dass sie möglichst schwankende Temperaturen brauchen, um gesund zu bleiben. Ideal ist es, wenn man die Fische von Mai bis Oktober im Freiland pflegen kann. Die untere (längerfristige) Temperaturgrenze für Jenynsia liegt bei etwa 14°C, die obere bei ca. 30°C. Weibchen von Jenysia lineata können laut Literatur bis zu 9 cm lang werden, während die Männchen stets nur 2-4 cm Länge erreichen.
Bezüglich der Nahrungsaufnahme ist Jenynsia völlig unproblematisch, jedes übliche Fischfutter wird gerne angenommen; auch die Wasserzusammensetzung ist eher nebensächlich, alles, was als Trinkwasser für uns Menschen geeignet ist, eignet sich auch zur Pflege dieser Fische, man meide aber saure pH-Werte (unter 6).


oben rechts: Brachygobius doriae

Dies ist die wohl schönste Art der Goldringelgrundeln, denn die Männchen entwickeln ein prächtiges Orangerot in der hinteren Körperhälfte. Die Weibchen sind meist gelb gefärbt, man erkennt sie aber auch ungeachtet der Färbung gut an dem vergleichsweise kleineren Kopf.
Die Art wurde und wird immer wieder mit B. xanthozonus verwechselt. Auch Glaser hat sie unter dieser Bezeichnung erhalten und auf der Stockliste so bezeichnet, weil sie in fast allen Aquarienbüchern und Websites so genannt wird. B. xanthozonus hat jedoch mehr als 50 Schuppen in der Längsreihe (die gezeigten Tiere haben etwas über 30); es ist sehr fraglich, ob die “echte” B. xanthozonus überhaupt schon jemals im Aquarium gepflegt wurde.
Brachygobius doriae wird nur 3,5 cm lang und passt darum hervorragend in kleinere Aquarien. Etwa Salzzusatz (1-2 Gramm pro Liter) tut den Tieren gut, ist aber nicht unbedingt notwendig. Es handelt sich um eine brutpflegende Art, bei der das Männchen den Laich, der an eine Höhlenwand oder dergleichen geheftet wird, bis zum Schlupf der Larven bewacht. Danach endet die Brutpflege.

unten links: Enteromius fasciolatus (früher Barbus f.)

Nur ganz wenige der zahlreichen Kleinbarben-Arten Afrikas haben sich als Aquarienfisch dauerhaft etablieren können und nur eine einzige Art wird so regelmäßig nachgezüchtet, dass sie häufiger im Zoofachhandel anzutreffen ist. Diese Art ist die bildschöne Angola-Barbe, Enteromius fasciolatus. Ein bekanntes Synonym der Art ist Barbus barilioides.
Die Angola-Barbe erreicht eine Länge von etwa 6 cm. Der Schwarmfisch sollte unbedingt in größeren Trupps von 12 Tieren aufwärts gepflegt werden, sonst bleibt er schreckhaft, scheu und blass. Im Schwarm gepflegte Tiere sind aber ein wunderschöner Anblick. Ein dunkler Bodengrund und reichliche Bepflanzung sorgen für intensive Farben.
Gegenüber allen anderen Fischen sind Angola-Barben vollkommen friedlich, auch Pflanzen werden gewöhnlich nicht beachtet. Die Art ist ursprünglich im südöstlichen Afrika verbreitet (Angola, Botswana, D.R. Kongo, Namibia, Sambia und Zimbabwe), steht im Hobby jedoch ausschließlich als Nachzucht zur Verfügung.


unten rechts: Xiphophorus hellerii King Lyratail

Der Lyratail-Schwertträger ist eine sehr anspruchsvolle Zuchtform von Xiphophorus hellerii, denn man kann gewöhnlich nur mit den Weibchen züchten. Zur Begattung braucht man „normale“ Schwertträger, da bei fast allen Lyratail-Männchen auch die als Begattungsorgan dienende Flosse, das so genannte Gonopodium, extrem verlängert ist. Damit kann keine erfolgreiche Befruchtung durchgeführt werden. In Züchterkreisen sprich man „von dem Versuch, mit gekochten Spaghetti Mikado zu spielen“. Bei der Rückkreuzung mit „normalen“ Männchen fallen immer nur eine begrenzte Zahl von Lyra-Nachkommen, weshalb diese Zuchtform deutlich teurer als viele andere ist.
Ganz selten gibt es aber auch Lyratail-Männchen mit schönen Lyra-Flossen, aber normal entwickeltem Gonopodium. Diese nennen die Liebhaber „King Lyratails“. Dieter Bork hat für Glaser King-Lyratails gezüchtet, die die Nachkommen von King-Lyratails sind, die sie aus Importen ausgelesen haben. Die meisten Tiere sind vom Farbschlag „guentheri rot“, aber es sind auch ein paar andersfarbige Tiere darunter. Die Weibchen des King Lyra entwickeln im Alter gewöhnlich ein kleines Schwert.
Die nun von Glaser angebotenen King Lyra sind wohl die ersten, die je im Zierfischgroßhandel reinblütig offeriert werden konnten, eine Top-Rarität!

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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