Erfahrungen und Eindrücke, die ich 2011 auf einer Reise nach Israel sammeln konnte:

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Israel

„Israel ist ein kleines Land. An der breitesten Stelle misst es 135 km, an der schmalsten nur etwas über 12 km. Das merken wir schnell, als unser Lieferant uns persönlich vom Flughafen in Tel Aviv abholt und mit uns zu seinem Zuchtbetrieb fährt: Hazorea Aquatics. Zu unserer Linken können wir das Mittelmeer bewundern und nur einige Minuten später werden wir auf einen Stacheldrahtzaun hingewiesen: Westjordanland. Und auch landschaftlich verändert sich Israel in minutenschnelle: fährt man eben noch durch grüne Wiesen, befindet man sich ein paar Kilometer weiter in einer felsigen Hügellandschaft und dann plötzlich mitten in der Wüste.

Tafel
Hazorea Aquatics

Hazorea Aquatics liegt im Norden Israels am Rande eines grünen Tals. Der Name des Zuchtbetriebes hat einen besonderen Hintergrund: Hazorea Aquatics gehört zu einem Kibbutz – dem Kibbutz „Hazorea“. Das ist eine Siedlung, die zusammen mit ihren Bewohnern eine für uns ungewöhnliche Gemeinschaft mit sozialistischen Strukturen darstellt. Privateigentum existiert hier kaum und alle bekommen das gleiche Gehalt, egal ob Manager oder Putzkraft. Das Geld, das über den Lohn hinaus von den kibbutzeigenen Firmen erwirtschaftet wird, landet in einem Topf, aus dem Verpflegung, Unterkunft, medizinische Versorgung und zum Teil auch Kleidung finanziert wird. Trotz dem, dass dieses System in der heutigen Zeit zu bröckeln beginnt, existieren noch an die 200 Kibbutze in Israel.

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Eingang

Der Betrieb Hazorea Aquatics ist bekannt für seine Bio Secure Koi. Bio Secure bedeutet, dass die Fische in geschlossenen Kreislaufanlagen mit sterilisiertem Equipment gezüchtet werden. Das ist notwendig, um sie vor einer Ansteckung mit dem Koi-Herpes-Virus zu schützen. Im Unterschied zu den geimpften Koi, die zwar resistent sind, aber für nicht geimpfte Tiere als Überträger fungieren können und zudem in Deutschland verboten sind, kommen die Bio Secure Koi nicht mit den Viren in Kontakt. Wie sehr die Koi geschützt sind, merken wir, als wir die Zucht zusammen mit unserem Lieferanten besichtigen und dazu eine mit Zahlencode gesicherte Tür passieren müssen. In einem abgetrennten Bereich tauschen wir unsere Schuhe

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Koi-Zuchttiere

gegen Gummistiefel, die wir zusammen mit unseren Händen gründlich desinfizieren. Und dann geht die Führung los: Wir bekommen zuerst die stattlichen Elterntiere zu sehen, die teilweise nach Farben sortiert in riesigen Becken schwimmen. Für ihre Brut gibt es unzählige kleinere Tanks. Die kleinsten der meist gelblich gefärbten Jungtiere sind knapp 1 cm groß und sehen noch gar nicht so richtig nach Koi aus. Die größeren Tiere, die die richtige Verkaufsgröße schon erreicht haben, bekommen wir in einer weiteren riesigen Halle zu sehen. Hier reiht sich ein Becken an das nächste und im Hintergrund ertönt pausenlos das Plätschern der gewaltigen Filter.

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Mitarbeiter

Doch nicht nur die Größe der Zucht ist beeindruckend, sondern auch das System, nach dem hier gearbeitet wird. Erst, wenn die Jungtiere eine gewisse Größe erreicht haben, werden sie sortiert. Dazu wird ein ganzer Tank abgelassen, sodass die Fische innerhalb einer breiten Rinne, die quer durch die Halle am Boden entlang läuft, in einen Vorraum geleitet werden. Da die Halle stark erhöht liegt, kommen die Tiere in der Rinne hier auf Arbeitshöhe an. Unser Lieferant zeigt uns, wie eine Hand voll Männer, die an der Rinne postiert sind, die Koi mit geübtem Griff in andere Rinnen weiterleiten. So entstehen die verschiedenen Qualitätsstufen, die der Großhandel in Deutschland bestellen kann.

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Die Anlage

Und auch sonst arbeiten die Züchter in Israel auf hoch technisiertem Niveau: Die Jungfische erhalten neben Trockenfutter auch selbstgezogenes Lebendfutter. Damit das Lebendfutter von bester Qualität ist, werden sogar die Algen dafür selbst gezogen – also das Futter für das Futter. Die Menge der geschlüpften Fische wird mittels eines eigenes dafür entwickelten Programms ermittelt: In einem mit Quadraten versehen Behälter wird eine Probemenge von Jungtieren fotografiert. Das Foto wird anschließend an einen Computer weitergeleitet, auf dem das Programm die Augenpaare der Fische abzählt und so erkennt, wie viele Fische sich in einem Tank befinden. Dieses Wissen dient den Züchtern nicht nur zur Kontrolle der Fischbestände, sondern auch ihren Robotern, die automatisch das Trockenfutter füttern. Diese fahren an Schienen in regelmäßigen Abständen durch die Halle und registrieren über jedem Tank, wie viele Fische, welchen Alters sich darin befinden und wählt anhand dieser Daten eine von drei Sorten Futter und die entsprechende Menge aus.

Doch nicht nur die Landschaft und die Arbeit der Züchter beeindrucken uns, sondern auch die Israelis. Auf unserer kurzen Reise erlebten wir sie als sehr offen und gastfreundlich – und das trotz der grausamen Erfahrungen, die viele Menschen mit dem deutschen Nationalsozialismus machen mussten. Bereitwillig und voller Stolz zeigten sie uns ihr facettenreiches Land und ihre oft genügsame Lebensweise.

Laura Heidbrink

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