Wie werden neue Arten überhaupt beschrieben? Was bedeutet es eine neue Art zu beschreiben?
Dank einem netten Gespräch mit Anton Lamboj von der Universität Wien, können wir euch ein wenig darüber erzählen. Bei Bedarf besteht die Möglichkeit diese Erläuterungen in weiteren Teilen auszuführen. Ein spannendes Thema, wie wir finden!
An sich ist bei guter Arbeit ein Literaturstudium der zu bearbeitenden Gruppe wichtig (z.B. Charakteristik der Gruppe, mindestens aber der Gattung wo die Art vsl. reingehört). Das variiert natürlich zwischen den Gruppen. Es ist klarerweise bei Schnecken anders als bei Garnelen und anders als bei Fischen.
In modernen Beschreibungen ist dann vor allem die Differentialdiagnostik wichtig. Das bedeutet, es ist nicht nur zu beschreiben wie eine Art aussieht, sondern betont hervorzuheben, wodurch sie sich von anderen Arten der Gattung bzw. innerhalb der Gattung mindestens von den nahestehenden Arten unterscheidet. Und es haben noch immer die klassischen Methoden Vorrang: Zählen, Messen, Strukturen beschreiben – mit anderen Worten, Morphologie, Anatomie, metrische Verfahren.
Bei metrischen Verfahren können auch Computerprogramme, die über sogenannte Landmarks arbeiten, verwendet werden – das funktioniert über festgelegte Messpunkte. Diese werden dann über Berechnungen korreliert. Dadurch kann die Grundgestalt der Art beschrieben werden.
Bei sehr nahe verwandten oder sehr ähnlichen Arten sehen sich gute Bearbeiter auch immer das Typusmaterial der andern Arten an. Schließlich können immer wieder persönliche Messfehler durch die eigene Methodik oder auch durch Eigenheiten (wie z. B: eine Schublehre konkret angesetzt wird, ab wann eine Abweichung als erkennbar/signifikant erscheint etc.) entstehen – und die sollen ja im Griff gebracht werden. Wichtig ist ebenfalls Serien zu untersuchen, um die Variation innerhalb einer Art/Population zu erkennen.
Mess- und Zählwerte werden mit statistischen Verfahren überprüft. Im einfachsten Fall min. und max. von Werten, Mittelwerte und/oder Mediane sowie Standardabweichungen. Kann aber auch bis zu Clusteranalysen gehen oder sogenannte Principal Component Analysen, wo die Rohwerte in abstrakte mathematische Systeme gebracht werden und Korrelationen bzw. Abweichungen sichtbar machen.
Farbe und Verhalten (basal) können, müssen aber nicht weitere Informationen liefern.
Neu hinzu kommt das Barcoding – also Vergleich genetischer Sequenzen, die standardisiert sind (für die Gruppen). Probleme bei intensiverer genetischer (molekularbiologischer) Untersuchung: Man kann zwar versteckte Arten, Schwesterarten etc. erkennen, aber damit nicht die Unterschiede im Phänotyp beschreiben, der zwischen den Arten vorliegt. Auch die Biochemie (Enzyme, Aminosäuren…) kommt manchmal zum Einsatz.
Im Anschluss geht es darum eine Publikation richtig aufzubauen, doch dies ist ein anderes Thema. Eine seriöse Arbeit bedeutet auch die Publikation in wissenschaftlichen Medien. Warum? Weil dort ein peer-review–Verfahren zwingend ist, d. h., andere Wissenschaftler lesen kritisch den Beitrag und machen Anmerkungen bzw. hinterfragen die Aussagen. Gute Journals haben immer mindestens 2 Reviewer.
Das war soweit mal das Wichtigste in kurzen Worten.
Text: Anton Lamboj