Faszination Aquaristik: Lymphocystis bei Zierfischen – Symptome erkennen, sicher unterscheiden und erfolgreich behandeln (mit Behandlungsplan)

Faszination Aquaristik: Lymphocystis bei Zierfischen – Symptome erkennen, sicher unterscheiden und erfolgreich behandeln (mit Behandlungsplan)
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Lymphocystis ist eine virale Hauterkrankung bei Zierfischen, die optisch leicht mit Ichthyophthirius verwechselt wird. Der Beitrag zeigt, wie sich beide klar unterscheiden lassen, erklärt die Krankheitsmechanismen und führt in eine heute praxistaugliche Behandlung ein – besonders relevant für importierte Labyrinthfische.

Import von Mosaikfadenfischen mit starkem Befall von Lymphocystis. Foto: Dieter Untergasser
Import von Mosaikfadenfischen mit starkem Befall von Lymphocystis. Foto: Dieter Untergasser

Lymphocystis – der falsche Ichthyo – Heute kann diese Hautinfektion bei Fischen geheilt werden

Lymphocystis ist eine Hautinfektion, die durch Viren der Familie Iridoviridae hervorgerufen wird. Die infizierten Hautzellen fusionieren mit angrenzenden befallenen Hautzellen und wachsen ins Riesenhafte. Sie können eine Größe von 0,4 bis 1 Millimeter erreichen und sehen makroskopisch den Zysten, die von Ichthyphtirius gebildet werden, etwas ähnlich. Der Befall breitet sich, meist von den Flossenrändern ausgehend, auf die gesamte Oberfläche der Fische aus. Da die Hautzellen ihre Funktion nicht mehr ausüben können, stirbt der Fisch, wenn mehr als ein Drittel seiner Oberfläche befallen ist.

Häufig sind Meerwasser- und Brackwasserfische betroffen. In den letzten Jahren kommen aber immer mehr Importe mit befallenen Labyrinthfischen aus Südostasen. Häufig ist der Befall schon stark an den Flossen und auf der Körperoberfläche ausgebreitet.

Früher war die Krankheit fast immer tödlich, heute kann sie behandelt werden. Oft konnten die Fische nur gerettet werden, wenn man die befallenen Flossenränder mit einer Schere abgeschnitten hat. Sie sind dann nachgewachsen und waren nicht mehr befallen. Hatte sich die Infektion schon auf den Körper ausgebreitet, waren die Fische verloren. Da es sich um Hautzellen handelt, können Sie aber nicht ohne größere Verletzungen von der Haut entfernt werden.

Bei genauer Beobachtung nicht mit Ichthyophthirius zu verwechseln. Foto: Dieter Untergasser
Bei genauer Beobachtung nicht mit Ichthyophthirius zu verwechseln. Foto: Dieter Untergasser

Krankheiten unterscheiden

Aber auch ohne Mikroskop sind die beiden Infektionen leicht zu unterscheiden. Fängt man einen befallenen Fisch heraus und streicht mit einem Finger über die befallenen Hautstellen, platzt die Ichthyozyste. Die Zysten von Lymphocystis fühlen sich hart an, platzen nicht und lassen sich auch schwer mit dem Fingernagel abkratzen.

Mit einer senkrecht gestellten Skalpellklinge oder der Kante eines Deckglases lassen sich befallene Zellen für einen Abstrich gewinnen. Dieser kann auf einen Objektträger in einen Tropfen Wasser übertragen und mit dem Mikroskop bei 40-facher Vergrößerung betrachtet werden.

Betrachtet man einen Hautabstrich mit dem Mikroskop, sind die Riesenzellen von Lymphocystis leicht von Ichthyophtirius zu unterscheiden. Der für Ciliaten charakteristische Zellkern fehlt bei Lymphocstis. Auch mit Tuberkulosegranulomen sind die Zysten von Lymphocystis kaum zu verwechseln, da das mehrschichtige Bindegewebe um die Zysten fehlt. Tatsächlich sind die Zysten ins Riesenhafte vergrößerte Hautzellen, deren entartetes Plasma große Massen von Viren enthält.

Viren sind zu klein, als dass man sie mit dem Lichtmikroskop sehen könnte, Sie können nur mit Elektronenmikroskopen dargestellt werden. Viren bestehen nur aus Erbinformation und haben keinen eigenen Stoffwechsel. Sie docken mit speziellen Rezeptoren an der Zelloberfläche an und schleusen ihre Erbsubstanz in die Zelle ein. Diese programmiert die Zelle um und zwingt sie, Unmengen neuer Viren zu produzieren. Daran geht die Zelle zu Grunde. Sie platzt und entlässt Millionen von Viren in das Wasser. Diese können wieder die Hautzellen des gleichen Tiers oder anderer Fische befallen.

Labyrinthfische behandelt

Antibiotika wirken weder in der passiven Daseinsform noch im aktiven Zustand in den Zellen auf Viren. Viren können mittels Desinfektionsmitteln im Wasser bekämpft werden. Im aktiven Zustand können die Viren nur durch die Immunabwehr der Fische abgetötet werden.

Meist haben die Fische bei einer Infektion durch Lymphocystis nicht genügend Zeit, die Immunabwehr aufzubauen, da sie vorher daran sterben. Mit der hier beschriebenen Behandlungsmethode kann die Krankheit bekämpft werden. Ob die behandelten Fische danach eine Immunität entwickelt haben, ist leider noch nicht erforscht.

Die Behandlung kann mit dem von Sera entwickelten Medikament cyprinopur erfolgen. Meines Wissens gibt es kein weiteres Medikament auf dem Markt mit der gleichen Wirkstoffkombination. Die Wirkstoffe blockieren die Rezeptoren der Viren, so dass sie sich nicht an den Hautzellen andocken können. Die befallenen Hautstellen heilen, da eine Reinfektion durch erneutes Anheften der Viren verhindert wird.

Die Behandlung dauert normalerweise 15 Tage, kann aber bei Bedarf auf 25 Tage erweitert werden. Das Medikament wird von Fischen und Filterbakterien problemlos vertragen und kann nach dem beschriebenen Behandlungsschema durchgeführt werden. Es muss täglich angewendet werden, da die Wirkstoffe aus dem Wasser verdunsten und im Filter abgebaut werden.

Empfehlenswert ist, die Behandlung in einem Quarantänebecken mit eingefahrenem biologischem Filter durchzuführen. Ich lasse immer luftbetriebene Schwammfilter (Sera L-300) in meinen Aquarien mitlaufen, die ich dann bei Bedarf in ein Quarantänebecken übertragen kann.

Behandlungsplan

Behandlungsplan gegen Lymphocystis mit dem 1,5-fachen der vom Hersteller angegebenen Dosis von Sera cyprinopur:

1. bis 5. Tag: Täglich zur gleichen Zeit die 1,5-fache Dosis von Sera cyprinopur in das Aquarium geben

6. Tag: Wasserwechsel 50 %

7. bis 9. Tag: keine Medikamentenzugabe

10. bis 14. Tag: Täglich zur gleichen Zeit die 1,5-fache Dosis von Sera cyprinopur in das Aquarium geben

15. Tag: Wasserwechsel 50 %

Falls noch Zysten zu sehen sind:

16. bis 18. Tag: keine Medikamentenzugabe

19. bis 23. Tag: Täglich zur gleichen Zeit die 1,5-fache Dosis von Sera cyprinopur in das Aquarium geben

24. Tag: Wasserwechsel 50 %

Ich habe mit dieser Methode mehrere Schwärme von importierten Labyrinthfischen behandelt. Trotz starken Befalls ist kein einziger Fisch gestorben und sie waren dauerhaft geheilt. Ich habe die behandelten Fische noch weitere drei Monate gehältert. Es ist in dieser Zeit keine Reinfektion aufgetreten. Danach wurden sie dem Händler zurückgegeben. 

Der Artikel beschreibt die Entstehung und Ausbreitung von Lymphocystis, liefert einfache Differenzierungsmerkmale zu Ichthyophthirius (taktile Probe, mikroskopische Kriterien) und erklärt den viralen Ablauf. Im Fokus steht eine wirksame Therapie mit Sera cyprinopur, inklusive Schritt-für-Schritt-Behandlungsplan, Quarantäne-Empfehlungen und positiven Praxisergebnissen bei stark betroffenen Beständen.

Mit früher Diagnose, Quarantäne und konsequenter Anwendung von Sera cyprinopur lässt sich Lymphocystis zuverlässig eindämmen und Ausfälle werden deutlich reduziert. Die klare Unterscheidung zu Ichthyophthirius und ein strukturiertes Vorgehen sind entscheidend, um betroffene Fische nachhaltig zu stabilisieren und Reinfektionen zu vermeiden.

Untergasser, D.: Krankheiten der Zierfische, Dähne Verlag GmbH, Ettlingen 2024, ISBN: 978-3-911226-07-3

Über das Magazin: Aquaristik

Aquaristik – Das Magazin für erfolgreiche Süßwasser-Aquarianer
Das Aquaristik Magazin ist das führende Fachmagazin für Liebhaber der Aquaristik. Es begleitet Hobbyisten von den ersten Schritten bis hin zu professionell gestalteten Aquarien. Mit liebevoll gestalteten und gut bebilderten Beiträgen, praxisnahen Tipps und fundiertem Fachwissen ist es sowohl für Einsteiger als auch für Profis geeignet.

Was bietet das Magazin?

  • Ausgezeichnete, didaktische Berichte und brillante Fotos von namhaften Autoren
  • Erstaunliche Fachartikel zu Zierfischen, Reptilien, Pflanzen, Meerwasser, Terraristik, Teichkultur und mehr
  • Praxisnahe Anleitungen, Tipps, Tricks sowie Kleinanzeigen und Neuvorstellungen
  • Jedes Heft widmet sich einem speziellen Titelthema, das in mehreren Beiträgen vertieft wird
  • Erscheinungsweise: 6-mal jährlich

Zielgruppe:
Alle, die sich für Süß- und Meerwasseraquaristik, Terraristik, Teichkultur oder Vivaristik begeistern – von Einsteigern bis zu Profis.

Weitere Infos:
Mehr zur Zeitschrift und abonnieren finden Sie hier: Aquaristik-Magazin Übersicht

Über den Dähne Verlag

Der Dähne Verlag wurde im Jahr 1970 von Karl-Heinz Dähne gegründet und wird heute in zweiter Generation von Marc Dähne geführt. Das Familienunternehmen gliedert sich in zwei Bereiche: Als Branchenfachverlag versorgt es die Baumarkt- und Gartencenter-Branche sowie den Zoofachhandel mit Fachinformationen. Für das Hobby Aquaristik veröffentlicht der Verlag erfolgreiche Hobby-Magazine, Fachzeitschriften und ein umfangreiches Buchprogramm.

Verlagsangebot im Überblick:

  • Rund ein Dutzend Fach- und Publikumszeitschriften
  • Internet-Portale und Online-News-Dienste
  • Umfassende Statistiken, Studien und Handelsdaten
  • Eine große Auswahl an Büchern (über 90 Titel) zu Aquaristik, Garten, Teich- und Terraristik
  • Weitere Publikationen wie Einkaufsführer, Adressverzeichnisse und mehr

Der Verlag ist führend in der Veröffentlichung hochwertiger Fach- und Hobbyliteratur und unterstützt den Austausch und die Weiterbildung in der Aquaristik-Community.

Mehr erfahren: Webseite des Dähne Verlags

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Dieter Untergasser

Dieter Untergasser ist ein international anerkannter Experte für Aquaristik und Fischgesundheit. Seine Schwerpunkte liegen auf Fischkrankheiten, deren Prävention und Diagnostik sowie auf praxistauglicher Haltung in Süßwasseraquarien. Seit vielen Jahren berät er Züchter, den Handel und Aquarienvereine, tritt als Referent auf Fachveranstaltungen auf und wirkt an Leitfäden zur Krankheitsprophylaxe und Wasserhygiene mit. Er ist Autor mehrerer Standardwerke zur Aquarienpraxis und Fischmedizin und veröffentlicht regelmäßig Fachartikel, unter anderem in AQUARISTIK und Caridina. Typische Themen seiner Arbeit sind Parasiten- und Bakterienerkrankungen, Quarantäne- und Hygienekonzepte, Wasserchemie sowie artgerechte Haltung und Zucht. Charakteristisch für Untergasser sind seine praxisnahen Fallbeispiele und klaren Diagnose-Checklisten, mit denen er Laborwissen in alltagstaugliche Maßnahmen übersetzt. Weitere Informationen finden sich auf seinem Autorenprofil beim Dähne Verlag bzw. im jeweiligen Magazin.

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