Brasilien hat die bisherige Positivliste in eine Negativliste umgewandelt.
Damit ist geregelt, welche Fische nicht mehr außer Landes verkauft werden dürfen. Basis für die Neuregelung ist eine umfassende wissenschaftliche Auswertung.
Im Jahr 1998 wurde von der brasilianischen Umweltbehörde Ibama eine Liste von etwa 720 Fischarten veröffentlicht. Diese sogenannte Positivliste enthielt Arten, deren Export erlaubt war. Mitte April 2020 hat sich die Lage verändert. Brasilien hat neue Rahmenbedingungen für den Fischexport geschaffen und ist zu einer Negativliste übergegangen. Diese neue Liste als Basis der Exportbeschränkungen fußt auf einer mit 1.235 Seiten starken Arbeit. 302 Forscher werteten darin gemeinsam wissenschaftliche Literatur hinsichtlich der möglichen Gefährdung brasilianischer
Fischarten aus. Die Liste der vom Export ausgenommenen Fischarten enthält derzeit 407 Arten (siehe hierzu die Grafik auf Seite 17). Davon kommen 97 Arten im Meerwasser vor. Die verbleibenden 310 Arten verteilen sich vor allem auf die Gruppe der Killifische, der Welse und der Salmler. Messerfische, Buntbarsche und Lebendgebärende machen mit zusammen 39 Arten einen geringeren Teil aus. Kleine Anpassungen der Liste wurden im Mai 2018 vorgenommen, weitere Arten sind von Exportbeschränkungen ausgenommen, etwa einige L-Welse vom Xingu.
Die Liste ist in portugiesischer Sprache verfasst. Sie stellt die Fischart im Bild vor, gibt Synonyme und einheimische Namen an. Durch einen kurzen Code wird die Risikobewertung angegeben; ein längerer Text erklärt, warum die Art gefährdet ist. Die Verbreitung der Art wird auf einer Karte dargestellt und im Text genauer erklärt. Weitere Informationen gibt es zum Thema Biologie und Ökologie sowie zur Bedrohung. Wer es noch genauer wissen möchte, kann die 1.792 Literaturangaben durchforsten.
Beim Überlesen fallen vor allem Fischarten aus Gewässern des gefährdeten atlantischen Regenwaldes (Mata Atlantica) auf. Hier sind unter anderem mit zwei Rachoviscus- und zwei Mimagoniates-Arten aquaristisch interessante Salmler aufgeführt. Auch der „Rote von Rio“, eine der als Nachzuchten seit langem etablierten Standardarten, darf nicht aus dem südlichen Brasilien exportiert werden. In Europa ist er häufig,
in Brasilien gefährdet, aber nicht etwa, weil er stark befischt wird. Bei ihm und sehr vielen weiteren Arten sind als Gefährdungsgründe diverse menschliche Eingriffe in die Natur genannt. Ebenfalls gibt es in den Küstengewässern einige interessante kleine Welsarten aus der Unterfamilie Hypoptopomatinae. Einige Arten dieser Unterfamilie werden möglicherweise wieder verfügbar sein.
Welsarten, die Höhlen bewohnen und zum Teil nur in einem einzigen Höhlensystem vorkommen, sind ebenfalls aufgeführt. Einige dieser Höhlenarten wurden schon vor längerer Zeit als gefährdet eingestuft. Für Aquarianer ist es sicher nachvollziehbar, dass einige Arten geschützt sind. Als Wissenschaftler kann man über Sinn und Zweck von Artenschutz ohne Biotopschutz sicher heftig diskutieren.