Plastikmüll stellt nicht nur für die Weltmeere ein Problem dar, zeigen Untersuchungen von Forschern aus Bayreuth und München. Auch an den Ufern des italienischen Gardasees finden sich demnach kleine und kleinste Partikel aus Kunststoff, wie sie von Tieren aufgenommen und in der Nahrungskette angereichert werden können.
Die Fluoreszenzaufnahme offenbart rot fluoreszierende Plastikpartikel im Darm eines Großen Wasserflohs (Daphnia magna). Bild: Current Biology, Imhof et al.
Solche Partikel könnten den Organismus nicht nur als mechanisches Hemmnis schädigen, erklärt Christian Laforsch von der Universität Bayreuth. „Viele Inhalts- und Begleitstoffe des Kunststoffs können erwiesenermaßen Krebs auslösen, das Hormonsystem stören oder direkt toxisch wirken“, so der Ökologe. Zudem könnten die Partikel als Vehikel für Krankheitserreger, gebietsfremde Arten und für weitere Giftstoffe fungieren.
Die große chemische Beständigkeit vieler Kunststoffe erweist sich als Problem, wenn Plastikabfall ins Wasser gelangt und dort durch Wellenschlag und durch Reibung am Untergrund und anderem Treibgut allmählich zerrieben wird. Auf diese Weise können Plastikpartikel entstehen, die nur Bruchteile eines Millimeters groß sind und damit in der gleichen Größenklasse liegen wie die Plankton-Nahrung vieler wirbelloser Tiere.
Der Weg solcher Teilchen endet spätestens im Meer. Die Gruppe um Laforsch und die Chemikerin Natalia Ivleva von der TU München ging nun der Frage nach, wie sich ein weit stromaufwärts gelegenes Gewässer in dieser Hinsicht stellt. Gerade das enge Nordende des Gardasees scheint als Sammelbecken für Plastik zu fungieren, berichtet die Gruppe im Fachblatt „Current Biology“. Pro Quadratmeter Uferfläche fanden sich dort im Schnitt 483 Plastikteile mit mindestens 5 Millimetern Größe und 1.108 kleinere Partikel, hauptsächlich bestehend aus Polystyrol, Polyethylen und Polypropylen. Für eine Probe vom südwestlichen Ufer ergaben sich um den Faktor 10 niedrigere Zahlen.
Tatsächlich werden Kunststoff-Mikropartikel auch von Wirbellosen des Süßwassers aufgenommen, zeigten Experimente mit Regenwürmern, Schnecken und verschiedenen Krebsen. Nach Ansicht Laforschs und seiner Kollegen sind nun weitere Untersuchungen und gegebenenfalls Überwachungsmaßnahmen geboten. „Schon allein das Vorhandensein von Plastik-Mikropartikeln in einem See des Gebirgsvorlands lässt vermuten, dass Plastikpartikel in tiefer gelegenen Seen eine noch größere Rolle spielen“, so der Forscher.
Forschung: Hannes K. Imhof und Christian Laforsch, Lehrstuhl Tierökologie I, Universität Bayreuth, und Department Biologie II, Ludwig-Maximilians-Universität München; Natalia P. Ivleva, Institut für Wasserchemie und Chemische Balneologie, Technische Universität München; und andere
Veröffentlichung Current Biology, DOI 10.1016/j.cub.2013.09.001
Quelle: http://www.scienceticker.info/2013/10/07/plastikmuell-auch-in-seen-problematisch/