von Daniel Konn-Vetterlein. Auszüge aus dem Aquaristik Fachmagazin 232
Die salzigen Gewässer bieten eine Vielzahl schöner, interessanter und pflegenswerter Arten. Für das Aquarium gut taugliche Arten kommen sowohl in Nord- als auch in der Ostsee vor, so dass man sie problemlos vergesellschaften kann. Es versteht sich von selbst, dass jeder die in seinem Umfeld geltenden Schutzbestimmungen beim selbst Fangen von Tieren einzuhalten hat.
Die einzige Schwierigkeit am Ostseeaquarium, wenn man sie denn so nennen möchte, ist die benötigte Technik. Der Filter sollte möglichst leistungsstark gewählt sein. Bei schwachem Besatz ist ein Abschäumer nicht zwingend notwendig; ist das Becken stark besetzt, sollte ein solches Gerät installiert werden.
Im Gegensatz zu tropischen Aquarien benötigt man zwar keine Heizung, dafür aber oft ein Kühlgerät. Auf Grund der dafür erforderliche Energiemenge empfiehlt es sich, ein Ostseeaquarium in einem kühlen Raum aufzustellen.
Die Temperatur sollte zwischen 5 und 20°C liegen. Im Gegensatz zu tropischen Riffaquarien sind Ostseeaquarien nicht so anspruchsvoll in Hinsicht auf die Wasserparameter. An der deutschen Ostseeküste schwankt der Salzgehalt an der Oberfläche zwischen 0,8 und 1,7%. Zum Vergleich: An der deutschen Nordseeküste wird – abhängig von Lokalität und Jahreszeit – ein Salzgehalt von 3,5% gemessen.
Ist die Einrichtung installiert, sollte, wie auch bei Süßwasseraquarien, zunächst eine Einlaufphase stattfinden, in der man die Werte kontrolliert und gegebenenfalls verändern kann.
Die ersten Bewohner in meinem Becken waren Strandschnecken, Littorina littorea, – die einfachsten Pfleglinge, die man in einem Ostseeaquarium halten kann, zugleich aber sehr effektive Algenfresser, die nicht nur die Scheiben, sondern auch die Steine frei halten.
Blumentiere
Unter den so genannten Blumentieren gibt es ebenfalls einige geeignete Arten für das Ostseeaquarium. Seenelken, Metridium senile, und Witwenrosen, Sagartia troglodytes, findet man oft an Treibgut oder großen Steinen knapp unterhalb der Wasseroberfläche. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um beim Abnehmen den Fuß der Tiere nicht zu verletzen. Im Idealfall nimmt man den Stein, die Muschel oder entsprechenden anderen Untergrund mit; so erspart man den Tieren den Stress. Seit Kurzem pflege ich auch die Tangrose, Sagartia elegans. Im Gegensatz zu den beiden zuerst aufgeführten Arten hat sie etwas mehr Farbe und bleibt kleiner, was sie umso interessanter macht.
Nach einem Standortwechsel ist es für Blumentiere ungemein wichtig, schnell wieder in ausreichendem Maß zu fressen. Wenn man bei einer transparenten, großen Plastikflasche den Boden rausschneidet, kann man die Flasche so über das Blumentier stülpen und durch die Trinköffnung Futter hineingeben. Idealerweise hängt man noch einen Ausströmerstein in die Flasche und sorgt so für stetige Wasserbewegung.
Stachelhäuter
Einige der schönsten Bewohner eines Osteseeaquariums bietet der Stamm der Echinodermata. Im Gegensatz zum bekannten Gemeinen Seestern, Asterias rubens, ist der Schwarze Schlangenstern, Ophiacomina nigra, ein schneller und wendiger Geselle der mit Vorliebe in Spalten und engen Nischen lebt. Wer lieber etwas mehr Farbe möchte, der ist mit Seesternen sehr gut bedient. Es handelt sich um Aas- und Muschelfresser, denen man ihr räuberisches Verhalten zunächst nicht ansieht. Der Gemeine Sonnenstern, Crossaster papposus, kann bis zu 14 Arme ausbilden und erinnert dann in der Dorsalansicht an die namensgebende Sonne. Der Essbare Seeigel, Echinus esculentus, ist eine wunderschöne, kontrastreiche Art. Die weißen Stacheln heben sich deutlich von der roten Grundfärbung ab und machen die Art sehr attraktiv. Seeigel erwiesen sich bei mir im Aquarium als unerwartet schnelle Tiere. Es sieht schon amüsant aus, wenn sich so eine Stachelkugel durch das Aquarium schiebt.
Die Fische kommen
Die häufigsten Fische, die man strandnah findet, sind Strand- und Sandgrundeln, Pomatoschistus microps, Pomatoschistus minutus. Beide eignen sich für die Pflege im Aquarium und sind attraktive, friedliche Bewohner, die ungefähr zehn Zentimeter Gesamtlänge erreichen. Ein weiterer interessanter Pflegling ist die Scholle, Pleuronectes platessa, der wohl bekannteste Plattfisch der Ostsee. Jungtiere sind nicht so attraktiv gefärbt wie ältere Exemplare. Erst ab einer Größe von zehn Zentimetern entwickeln sich im Aquarium die typischen, orange-roten Punkte auf der Augenseite (Oberseite) Den Großteil des Tages verbringen die nachtaktiven Räuber – bis zu den Augen eingebuddelt – im Sand. So lauern sie auch auf ihre Beute: Schwimmt ein potenzielles Beutetier vorbei, verfolgen zuerst nur die Augen die Beute, doch plötzlich schnellt die Scholle aus dem Sand hervor, reißt das Maul weit auf und die Beute wird unweigerlich eingesogen.
Für die mittlere Zone gibt es ebenfalls einige schöne Arten, so zum Beispiel den allbekannten Dreistachligen Stichling, Gasterosteus aculetus, und den Seestichling, Spinachia spinachia. Beide Arten sind genügsam in der Pflege, benötigen aber ausreichend Deckung und Versteckplätze, die man durch eine imitierte Seegraswiese einfach erzeugen kann. Stichlinge sind ideale Einsteigerfische, denn sie lassen sich sofort mit Flockenfutter ernähren und verzeihen auch große Schwankungen der Wasserparameter. Seestichlinge sind hinsichtlich der Nahrungsbedürfnisse etwas anspruchsvoller als Dreistachlige Stichlinge, sie benötigen regelmäßig Lebendfutter.
—
Die ungekürzte Behandlung zahlreicher Arten für das Ostseeaquarium findet sich in dem hervorragenden Artikel von Daniel Konn-Vetterlein im Aquaristik Fachmagzin 232.
Die beschriebenen Arten umfassen:
Pflanzen: Seegras, Zostera marina. Blasentang, Fucus vesiculosus. Meersalat, Ulva lactuca.
Mollusken: Strandschnecken, Littorina littorea. Miesmuscheln, Mytilus edulis. Wellhornschnecke, Buccinum undatum. Pazifische Auster, Crassostrea gigas.
Blumentiere: Seenelken, Metridium senile. Witwenrosen, Sagartia troglodytes. Tangrose, Sagartia elegans. Tote Meerhand, Alcyonium digitatum.
Stachelhäuter: Gemeiner Seestern, Asterias rubens. Schwarzer Schlangenstern, Ophiacomina nigra. Gemeiner Sonnenstern, Crossaster papposus. Essbare Seeigel, Echinus esculentus.
Krebstiere: Strandkrabbe, Carcinus maenas. Gemeine Seepocke, Semibalanus balanoides. Einsiedlerkrebs, Pagurus bernhardus. Schwimmkrabbe, Liocarcinus holsatus.
Garnelenarten: Felsengarnele, Palemon elegans. Sandgarnele, Crangon crangon.
Fische: Strandgrundel, Pomatoschistus microps. Sandgrundel, Pomatoschistus minutus. Schwimmgrundel, Coryphopterus flavescen. Scholle, Pleuronectes platessa. Steinbutt, Psetta maxima. Glattbutt, Scopthalmus rhombus. Dreistachligen Stichling, Gasterosteus aculetus. Seestichling, Spinachia spinachia. Schlangennadel, Entelurus aequoreus. Grasnadel, Syngnathus typhle. Aalmutter, Zoarces viviparus.