Biologen der Universität Bonn haben entdeckt, dass Buntbarsche auch im nahen Infrarotbereich sehen können – bislang hielten Wissenschaftler dies für ausgeschlossen. Das Infrarotsehen hilft den Fischen offenbar, in flachen afrikanischen Flüssen zu jagen. Die Ergebnisse werden in der renommierten Zeitschrift „Naturwissenschaften“ veröffentlicht und sind bereits jetzt online abrufbar.
Ein Forscherteam in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. T. C. M. Bakker vom Institut für Evolutionsbiologie und Ökologie der Universität Bonn erforscht schon seit vielen Jahren die Biologie von Smaragdprachtbarschen (Pelvicachromis taeniatus).
Forscher führten ein Futterwahlexperiment durch
Die Sehfähigkeiten des Fisches im Infrarotbereich wurden von den Wissenschaftlern mit einem klassischen Futterwahlexperiment festgestellt. Die Buntbarsche ernähren sich auch von kleinen Krebsen wie Bachflohkrebsen. Diese Beutetiere reflektieren Strahlung im nahen Infrarotbereich. Diesen Umstand nutzten die Forscher, um die Infrarotwahrnehmung der Fische zu erkunden. In einem lichtdichten Raum wurde unter Infrarotlampen ein Wahlversuch aufgebaut. Vor einem Wasserbecken, in dem sich die Fische aufhielten, wurden den Buntbarschen in zwei getrennten Kammern Bachflohkrebse angeboten. Eine der Kammern mit der Beute war mit einer Filterfolie beklebt, die keine Infrarotstrahlung durchließ. Auf die andere Kammer war hingegen eine Folie aufgebracht, die ausschließlich von Infrarotlicht durchdrungen werden kann. „Die Buntbarsche sahen deshalb nur in einer Kammer die Bachflohkrebse im nahen Infrarotbereich“, erläutert Dr. Baldauf, einer der an der Studie beteiligten Forscher.
Physiologen hielten Sehen im nahen Infrarot für unwahrscheinlich
Im Experiment zeigte sich, dass sich die Buntbarsche viel häufiger und länger vor der Kammer mit den Bachflohkrebsen aufhielten, die die nahe Infrarotstrahlung durchließ. „Die Fische erkennen die Beute also anhand der Infrarotstrahlung“, berichtet der Biologe der Universität Bonn. „Dieser überraschende Befund ist nun erstmals gelungen. Physiologen hielten bislang das Rauschen im nahen Infrarotbereich für zu groß, um mit den Augen der Tiere ein Bild zu erzeugen.“ Wie das Experiment zeigt, können die Buntbarsche Reize im Wellenlängenbereich oberhalb von 780 Nanometern wahrnehmen. Zwar ist bekannt, dass etwa auch Schlangen Infrarot wahrnehmen, jedoch im deutlich längeren Wellenlängenbereich von rund 2000 Nanometer. „Dies geschieht allerdings nicht mit den Augen, sondern mit einem speziellen wärmeempfindlichen Grubenorgan“, sagt Dr. Baldauf. Menschen können Infrarotstrahlung hingegen nicht mit ihren Sehzellen wahrnehmen.
Infrarotsehen ist im natürlichen Habitat sinnvoll
Der Vorteil des Infrarotsehens der Buntbarsche liegt auf der Hand, wenn man das natürliche Habitat betrachtet. Die flachen Flüsse Westafrikas weisen relativ viel Infrarotstrahlung auf. „Gerade deshalb ist es naheliegend, dass dieser Sinn zur Beutesuche angewendet wird“, erläutert der Biologe der Universität Bonn. „Es ist ein klarer Selektionsvorteil, wenn man zusätzliche Signale wahrnehmen kann, die andere nicht sehen.“ Es sei nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Tiere die nahe Infrarotstrahlung nutzen, um zu jagen oder sich zu orientieren – etwa Vögel. Die Forscher der Universität Bonn wollen nun genauer untersuchen, inwieweit die Infrarotstrahlung für die Buntbarsche auch in anderen Kontexten, wie beispielsweise der Kommunikation zwischen Artgenossen, von Nutzen ist.
Infrarotstrahlung in der Partnerwahl?
Bei Farbmessungen an den Buntbarschen stellten die Forscher fest, dass die Tiere an bestimmten Stellen ihres Körpers das Licht im nahen Infrarotbereich – der Wärmestrahlung – reflektierten. „Wir registrierten, dass die Weibchen am Bauch und die Männchen an den Flossen Infrarotstrahlung reflektieren“, sagt Dr. Baldauf. Die Bauchfärbung ist für die Fortpflanzung und die Flossen sind für das Imponierverhalten in Kampfsituationen dieser Fische wichtig. „Daher könnte Infrarotstrahlung während der Partnerwahl eine wichtige Rolle spielen“, meint der Biologe. „Und das möchten wir in weiterführenden Experimenten untersuchen.“
Publikation: Visual prey detection by near-infrared cues in a fish, „Naturwissenschaften“, DOI: 10.1007/s00114-012-0980-7
Quelle:
http://idw-online.de/de/news503404
Dr. Sebastian A. Baldauf
Institut für Evolutionsbiologie und Ökologie
Tel. 0228/735749
E-Mail: sbaldauf@evolution.uni-bonn.de
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