Philosophie
Es konkurrieren zwei nicht kompatible Philosophien der Düngerzugabe in der deutschen Aquaristik. Zum einen die Zugabe gekoppelt an die beim Wasserwechsel zugeführte Frischwassermenge, zum anderen die Düngung bezogen auf Beckenvolumen und Zeitraum.
Dr. Kremser begründet, warum ihm die zweite Methode plausibler und praktikabler erscheint. Wobei er sagt, dass man diesen Punkt sicherlich nicht überbewerten sollte, da es prinzipiell nur auf die Zufuhr der korrekten Düngermenge ankommt; wie man das letztlich erreicht, bleibt dem Aquarianer überlassen.
Das Hauptmanko am ersten Verfahren ist nach seiner Überzeugung, daß der Düngerbedarf der Pflanzen nicht von der Wasserwechselmenge, sondern von Beleuchtung, Pflanzenmasse (Biomasseproduktion!) und noch weiteren Rahmenbedingungen abhängt. Das nicht reale Extrembeispiel wäre das Becken in dem überhaupt kein Wasserwechsel mehr durchgeführt wird, dort wird auch nicht mehr gedüngt – absurd! Zudem hängt die korrekte Düngermenge dann nicht nur vom Wasserwechsel an sich, sondern auch noch von dessen Größe und Intervall ab. Wer vergleichsweise viel Wasser wechselt, muß die Düngermenge reduzieren, um nicht zu überdüngen.
Beim zweiten Verfahren nimmt man bei der Düngung überhaupt keine Notiz vom Wasserwechsel. Man gibt die wöchentliche oder besser tägliche Düngerration zu, die sich alleine nach Pflanzenwachstum und Nährstoffgehalt des Wassers (Eisentest!) bemißt. Ausgehend von einer „Empfohlenen Dosierung” arbeitet man sich sukzessive zu einer für das jeweilige Becken optimalen Zugabe vor. Die übliche Wasserwechselmenge ist in diesem System schon berücksichtigt.
Natürlich ist es wichtig, daß man in beiden Vorgehensweisen ausreichend und regelmäßig Wasser wechselt, um Abbauprodukte und Nährstoffüberschüsse zu entfernen und Nährstofflücken zu schließen.
Ermittlung der maximalen Düngerkonzentration im Becken
Nachfolgend läßt sich zeigen, daß bei regelmäßigem Wasserwechsel selbst dann, wenn keiner der zugeführten Nährstoffe verbraucht würde, sich höchstens eine bestimmte nicht schädliche Maximalkonzentration einstellen würde.
Dazu stellt man sich folgendes Szenario vor:
Man gibt die Dosis Dünger ins Becken, die bis zum nächsten Wasserwechsel fällig ist (+ D). Durch den Wasserwechsel werden W % Wasser einschließlich der entsprechenden Menge Dünger entfernt (dabei bleiben 100 % – W % = X % übrig; X % = x; x < 1):
Verbleibende Düngermenge im Becken = xD
Bis zum nächsten Wasserwechsel wird wieder Dünger (+ D) zugegeben:
Düngermenge im Becken = D + xD
Nach dem Wasserwechsel bleibt die
Gesamtmenge Dünger im Becken = x(D + xD)
Prozedur wiederholen:
D + x(D + xD)
x(D + x(D + xD))
D + x(D + x(D + xD))
x(D + x(D + x(D + xD)))
D + x·(D + x(D + x·(D + xD)))
x(D + x(D + x(D + x(D + xD))))
D + x(D + x(D + x(D + x(D + xD))))
etc. etc. ad infinitum
Ausmultiplizieren:
D + Dx + Dx2 + Dx3 + Dx4 + Dx5 + …. = D(x + x2 + x3 + x4 + x5 + ….)
Für diese spezielle unendliche Reihe („Geometrische Reihe”) existiert für x < 1 eine geschlossene, diskrete Lösung:
L = 1 / (1 – x); hier: D / (1 – x)
Bei 25% Wasserwechsel (x = 0,75) ist L = 4.
D.h. die Konzentration an einem Stoff im Becken kann höchstens auf den vierfachen Wert der Zugabekonzentration zwischen zwei Wasserwechseln steigen (ohne sonstigen Verbrauch z.B. durch die Wasserpflanzen oder chemische Fällungsprozesse).
Gibt man beispielsweise in der Woche eine Düngermenge zu, die einem Eisengehalt von 0,05 mg/l entspricht, so könnte bei 25% Wasserwechsel pro Woche der Eisengehalt auf maximal 0,2 mg/l ansteigen.
Die maximale Konzentration für andere Zugabe- und Wasserwechselmengen wird dann analog berechnet.