Prof. Dr. Dieter Steinhagen beschäftigt sich an der Tierärztlichen Hochschule Hannover vor allem mit Fischkrankheiten, kennt sich aber auch mit den Effekten von Fischen auf das Wohlbefinden des Menschen aus.
Herr Professor Steinhagen, wie werden Fische in tiergestützten Interventionen eingesetzt?
Aquarien mit Fischen werden zunehmend genutzt, um therapeutische oder pädagogische Ziele zu erreichen. So setzen beispielsweise Arztpraxen oder Kliniken auf den beruhigenden Effekt von Aquarien, um ihre Patienten im Wartezimmer zu beschäftigen und Ängste zu mindern. Auch in sozialen Einrichtungen oder Wohngruppen kann die gezielte Beobachtung von Fischen dazu beitragen, Spannungen und Aggressionen abzubauen.
Was ist so faszinierend an der Beobachtung von Fischen?
Aquarien ermöglichen den Einblick in eine fremde Welt. Insbesondere tropische Fische sind von großer Farbenpracht und oft ungewöhnlicher Körperform, sodass Aquarien als „lebende Bilder“ wahrgenommen werden. Die Tiere schweben lautlos und gravitätisch durch das Wasser; schnelle und hektische Bewegungen sind selten. Das wirkt auf viele Menschen beruhigend, sodass sie Spannungen und Belastungen des Tages vergessen.
Und was können Schüler oder Patienten von Fischen lernen?
Der Umgang mit Fischen fördert sowohl motorische, kognitive als auch kommunikative Fähigkeiten. Die Pflege eines Aquariums in einer Schulklasse oder Wohngruppe erfordert gezielte Planung. Sie lehrt, Verantwortung zu übernehmen und fördert die Gruppendynamik. Außerdem animieren die Tiere zu Beobachtung, Kommunikation und konzentrierten Bewegungen. Gerade kleine Kinder oder Autisten identifizieren sich gern mit einzelnen Fischen. Fische haben den großen Vorteil, dass sie die Menschen anders als andere, lebhaftere Tiere nie überfordern – sie sind stumm, wenig spontan und leben in ihrer eigenen Welt. Das lässt viel Spielraum für therapeutische oder pädagogische Zwecke.
Kontakt: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover l Prof. Dr. Dieter Steinhagen l 0511-953 88 89 l dieter.steinhagen@tiho-hannover.de
Zum Weiterlesen: Das 2007 erschienene Buch „Psychologie der Mensch-Fisch-Beziehung bei Aquarienbesitzern“ der Professoren Bergler und Hoff von der Universität Bonn fasst die Ergebnisse einer systematisch-empirischen Untersuchung der Mensch-Fisch-Beziehung zusammen.
Text: Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft