Kürzlich hat eine Tierrechtsorganisation Kritik an thailändischen Farmen veröffentlicht, auf denen Kampffische gezüchtet werden. Dr. Stefan Karl Hetz, Fachreferent beim Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe, nimmt die Kampagne zum Anlass, um auf der Basis seriöser wissenschaftlicher Studien Informationen zur Haltung dieser beliebten Tiere zu vermitteln.
Beim Begriff „Kampffisch“ werden viele zunächst an langflossige Zuchtformen der Art Betta splendens denken, den Schleierkampffisch. Allerdings wird der Begriff auch synonym für weitere Arten der Gattung Betta verwendet (siehe hierzu zza 02/2020). Die Haltung der aufgrund der Beflossung, der Farbe und des Verhaltens beliebten Betta splendens (Fotos: ZZF/Dr. Stefan Karl Hetz) hat eine lange aquaristische Tradition. Vor wenigen Jahren stand die Art in der Exopet-Studie mit 234 Nennungen auf Platz 6 der beliebtesten Fischarten. Nach Kokoscha (1998) wurde die Art bereits im Jahr 1894 nach Deutschland eingeführt, damals als kurzflossige Wildform. Vor kurzem rückte die Art in den Fokus einer Tierrechtsorganisation, deren Empfehlungen zur Haltung hoffentlich korrigiert werden.
Einige Arten von Kampffischen tragen tatsächlich, wie der Name bereits vermuten lässt, Kämpfe aus. Männliche, aber auch weibliche Betta splendens zeigen in der Natur und im Aquarium aggressives Verhalten (Elwood und Rainey 1983). Aggressives Verhalten hilft den Fischen, sich gegen Artgenossen und fremde Fischarten zu behaupten, indem Reviere für die Nahrungssuche, das Anlegen eines Nests und die Aufzucht der Brut verteidigt werden. Innerhalb einer Gemeinschaft wird über aggressives Verhalten eine Hierarchie aufgebaut und dauerhaft gefestigt. Man kennt solches auch von anderen Tieren in unserem Umfeld, man denke nur an den Begriff „Hackordnung“.
Tiere dürfen sich nicht verausgaben
Das bedeutet aber nicht, dass Kampffische ausschließlich kämpfen: Dominante Tiere an der Spitze dieser Hierarchie dürfen sich bei Kämpfen nicht verausgaben und Verletzungen riskieren (Frommen 2019), weshalb Kampffischmännchen zunächst durch das Abspreizen der Kiemendeckel sowie das Aufstellen der Flossen drohen, bevor sie wirklich angreifen und beißen. Die verschiedenen Formen dieses Verhaltens sind von Simpson (1968) sehr schön in Zeichnungen dargestellt. Dieses Drohverhalten, unter anderem durch optische Auslöser wie die Größe und den Abstand des Gegners hervorgerufen, aber auch durch individuelle Unterschiede der Fische bedingt (Bronstein 1982; Clotfelter et al. 2006; Elwood und Rainey 1983), führt beim unterlegenen Gegner sofort zu Flucht – sinnvoll für die Gesundheit beider Kontrahenten. Insofern ist der geforderte Sichtschutz bei der Präsentation von männlichen Kampffischen im Zoofachhandel für nebeneinander aufgestellte Haltungsgefäße gerechtfertigt.
Es gibt Hinweise, dass gemeinsam aufgewachsene Kampffischmännchen durchaus verträglich zusammenleben können. Wenn jedoch fremde Männchen zusammensetzt werden, beginnen diese sogleich zu drohen und gegebenenfalls auch zu kämpfen, ein Effekt der Zucht mit Augenmerk auf aggressive Männchen (Verbeek et al. 2007), die – als gewünschtes Merkmal – häufig die Flossen aufstellen und sich so auch dem Betrachter präsentieren. Letztendlich hat dieses aggressive Verhalten die Fische so populär gemacht, nicht nur für Aquarianer, sondern auch für Wissenschaftler (Abante 2005).
So müssen einzelne Männchen aggressiver Zuchtlinien ab einem gewissen Alter isoliert in kleinen Gefäßen aufgezogen werden. Das funktioniert sehr gut, wenn man gewisse Regeln beachtet. In einer experimentellen Arbeit, in der einzelne Männchen in für sie unbekannte kleine Gefäße umgesetzt wurden, zeigten Zuchtlinien aggressiver Kampffische sogar eine geringere Stressbelastung (Verbeek et al. 2008). Linke (2013) zeigt in seinem Buch viele natürliche, dem Betrachter vielleicht ungeeignet erscheinende Biotope von Labyrinthfischarten und auch Bilder von Fischfarmen, in denen männliche Betta splendens in sehr kleinen, jedoch intensiv gepflegten Wasservolumina isoliert aufgezogen werden. Aber das bedeutet nicht, dass die Fische in kleinen Behältern gehalten werden müssen.
Goldstein (1975) versuchte in einem recht großen, mehr als zwei Meter langem Aquarium eine gemischte Population männlicher und weiblicher Betta splendens zu vergesellschaften, was ihm nur unter Schwierigkeiten gelang. Er setzte zunächst wenige Männchen in das Aquarium. Wenn ein Männchen aufgrund von Kämpfen völlig eingeschüchtert war, nahm er es heraus und setzte ein weiteres Männchen hinzu. Eine maximale Anzahl von sieben Männchen stellte für sein Aquarium eine stabile Population dar. Die aggressiven Interaktionen zwischen Männchen wurden seltener und kürzer, als in von ihm ebenfalls getesteten Kleinaquarien. Unterlegene Fische wichen offenbar schon früher den Kontrahenten aus. Was lernen wir daraus? Wenn es nicht gelingt, auf ein wirklich großes, gut strukturiertes Aquarium oder gemeinsam aufgezogene Männchen zurückgreifen zu können, sollte man nur ein Männchen pflegen und dieses mit mehreren Weibchen vergesellschaften.
Dauerhafte Haltung
Für die dauerhafte Haltung eignen sich Aquarien ab Mindestanforderungsgröße (54 Liter). Zur Zucht, Aufzucht und zur vorübergehenden Haltung sind auch kleinere Becken okay, zum Transport der Tiere natürlich auch kleine Wassermengen. Wenn Tiere transportiert werden, sollten sie vorher auch nicht gefüttert werden, da sie sich sonst mit ihren Exkrementen im geschlossenen Transportgefäß vergiften, obwohl sie durchaus tolerant gegen höhere Konzentrationen der Abbauprodukte des Stickstoffstoffwechsels (Ammonium/ Ammoniak, Nitrit) sind.
Wichtig sind für die Haltung im Aquarium genügend Platz und eine Strukturierung der Einrichtung im Hintergrund. Rückzugsmöglichkeiten durch Schwimmpflanzen oder überhängende Pflanzen, unter denen sich die Fische auch in der Natur aufhalten und die auch zum Bau des Schaumnestes geeignet sind, sind wichtig. Auf keinen Fall sollte eine starke Strömung im Aquarium herrschen. Kampffische vermeiden Strömungen, wie auch wissenschaftliche Arbeiten zeigen (Hurtado- Parrado et al. 2019). Man braucht keine Angst zu haben, dass die Tiere durch die geringe Wasserbewegung im Aquarium unter Sauerstoffmangel leiden. Betta splendens kann als Labyrinthfisch zusätzlich Luft atmen (Mendez-Sanchez und Burggren 2017), weshalb er eben auch in der Natur in kleinsten Wasservolumina bei geringem Sauerstoffangebot, Wasserstand und Futterangebot überleben kann (Jaroensutasinee und Jaroensutasinee 2001) und sich dort sogar fortpflanzt. „Kann“ bedeutet jedoch nicht, dass es ihm dort besonders gut geht und er – gäbe man ihm die Wahl – nicht doch andere Gewässer aufsuchen würde. Flache Gewässer stellen eben auch einen Schutz gegen größere Fressfeinde dar. Die Ableitung der in der Natur gefundenen Daten sollte man deshalb nicht unreflektiert für die Haltungsanforderungen im Aquarium heranziehen und behaupten, dass man die Tiere nun unbedingt in kleinen flachen Aquarien halten muss.
Vor kurzem wurde im Rahmen einer Kampagne gegen ein amerikanisches Unternehmen auch die Behauptung aufgestellt, dass Kampffische soziale Fische seien und viele soziale Eigenschaften zeigten. Da man auch innerartliche Aggression zum Sozialverhalten rechnen darf, stimmt das natürlich. Die Wissenschaft hat Kampffische mittlerweile auch als Modelltiere für neue Fragestellungen entdeckt. Es wird vermutet, dass sich Kampffische gewisse Eigenheiten potenzieller Kontrahenten abgucken können und diese dann bewerten (Oliveira et al. 1998).
Grundsätzliche Fragestellung der innerartlichen Kommunikation, etwa ob und wie es einem Kampffischmännchen gelingt, ohne eigenes Risiko dem möglichen Kontrahenten möglichst unmissverständlich klarzumachen, dass er sich besser nicht mit ihm anlegt (Tillberg 2019), sind solche Beispiele. Betta splendens ist schon etwas Besonderes, da gibt es sicher auch noch für engagierte Aquarianer einiges zu beobachten. Die technischen Anforderungen an die Haltung der Art sind bereits mit einem Standardaquarium gut zu erfüllen. Als „einfach“ würde ich als Aquarianer diese in ihrem Verhalten offenbar so komplexe Art aber nicht bezeichnen.
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