Plattschmerle oder Flossensauger sind die umgangssprachlichen deutschen Namen von Schmerlen verschiedenster Gattungen der Balitoridae und Gastromyzontidae. Davon gibt es allein in Südlaos zu viele Arten, als dass sie in einem Artikel behandelt werden könnten. Dieser Artikel konzentriert sich auf drei der vier in diesem Gebiet beschriebenen Flossensauger der Gattung Sewellia: S. elongata, S. speciosa und S. diardi.
Schmerlen der Gattung Sewellia werden besonders stark mit dem Namen Flossensauger assoziiert und wegen ihrer interessanten Form sowie der ansprechenden Musterung und Farben von vielen Aquarianern gern gehalten. Zusätzlich, und das ist nicht unerheblich, lassen sich diese Schmerlen gut nachziehen (Strozyk; Müller 2011). Das ist bekanntermaßen eher selten innerhalb dieser Fischgruppe. Die Nichtzüchter unter den Aquarianern erfreuen sich an den interessanten Verhaltensweisen der lebhaften, tagaktiven Fische. Dabei wird hauptsächlich eine Art gehalten: Sewellia lineolata. Diese Art kommt rund um das Wolkenpassgebirge in Vietnam häufig vor (Kühne, 2013). Die Laosarten werden dagegen nur spontan importiert, bisher existiert kein Zuchtbericht. Die Beschreibung der Lebensräume von drei Laosarten soll es Aquarianern ermöglichen, die Haltung und Nachzucht zu fördern.
Kottelat nennt in seinem neuesten Werk über Schmerlen (2012) vier Arten der Gattung Sewellia aus dem Bereich Südlaos, von denen Roberts schon 1998 drei Arten beschrieb. Mit den Fundorten aus diesen Beschreibungen in der Tasche ging es auf Reisen.
Sewellia elongata auf dem Bolaven Plateau
Erster Anlaufpunkt war das gut zu erreichende Bolaven Plateau bei Paxong. In dieser Region können die Temperaturen bis auf 8° C fallen, 15° C am Morgen ist die Regel. Das Wasser der Ströme, die im Bolaven entspringen und dieses durchqueren, ist etwas wärmer: zwischen 18° und 24° C, gemessen zu verschiedenen Zeiten im Jahr und des Tages. Das Bolaven Plateau ist durchschnittlich zwischen 800 und 1.000 m hoch. Diese etwa 100 Quadratkilometer große Hochebene wird durch den Hauptgebirgszug Mont Piemont (1.600 m) geteilt, der als Wasserscheide fungiert. Auf einer Seite fließt das Wasser dem Mekong zu, auf der anderen Seite dem Sekong. In Kambodscha vereinigt sich der Sekong mit dem unteren Mekong. Auf der Seite, deren Wasser zum Mekong fließt, befindet sich der touristisch gut bekannte Wasserfall Ted Yuean; hier sind – wie in fast jedem größeren Bach und jedem Fluss – Sewellia elongata (Roberts 1998) zu finden. Diese große und robuste Art gilt bei vielen Einheimischen als ernst zu nehmende Nahrungsquelle.
S. elongata ist auch in den südöstlichen Abflüssen des Bolaven Plateaus zu finden, dringt jedoch nicht bis in den Sekong vor oder gar darüber hinaus (auch wenn vereinzelt Tiere dieser Art über den Fluss Xe Namnoy bis in den Sekong “gespült” werden). Man könnte S. elongata als Hochlandart einstufen. Es ist jedoch zu beachten, dass hohe Hindernisse, beispielsweise der Wasserfall am Nationalpark Nong Luang bei Paxong, ebenfalls nicht überwunden werden: Oberhalb dieser steilen Wasserfälle sind keine Sewellia mehr zu beobachten. Eine weitere Erfahrung ist, dass diese Plattschmerlen eher größere Ströme, denn Bäche bewohnen. Tatsächlich “hopsen” sie mehr von Stein zu Stein, als dass sie frei schwimmen. In einer Strömung von wenigsten 1m/s wäre das auch lebensgefährlich für diese Fische. Dabei nutzen Plattschmerlen physikalische Gesetze. Ihr flacher Körper wird nicht nur durch die Strömung auf den Untergrund gepresst, er passt genau in eine strömungsarme Wasserschicht von vielleicht 2 cm, die zwischen dem Untergrund und der darüber stark strömenden Wasserschicht existiert.
Sewellia speciosa im Xekong
Der große Fluss Sekong (auch: Xekong) nahe der Stadt Sekong ist der nächste Anlaufpunkt. Das laotisches Wort “Xe” bedeutet ins Thai übersetzt “Mee”, also “Mutter”. Xekong bedeutet also ebenso wie Me(e)kong “Mutterfluss”, somit haben beide Flüsse den gleichen Namen. Der Xekong ist extrem fischreich, in ihm finden sich viele aquaristisch interessante Fischarten. Am besten sind sie in der extremen Trockenzeit von Januar bis April zu entdecken, weil das Wasser dann klar ist im Gegensatz zur Regenzeit von Mai bis Oktober.
n den Stromschnellen des Xekong, stromabwärts zur Stadt Sekong, ist Sewellia speciosa Roberts 1998 zu finden. Diese Art ist zierlicher als S. elongata, dafür flacher und breiter – fast rund wie eine Scheibe. S. speciosa findet sich auch in den Stromschnellen des Huay Way (auch: Huay Hay), einem östlichen Zufluss des Xekong. Der Huay Way entspringt dem Truong Son Gebirge und durchfließt teilweise die Dakchung Hochebene bis hinunter in das leicht hügelige Flachland. Kottelat (2011) führt eine vierte Sewellia-Art von Südlaos auf, die endemisch auf der Dakchung Hochebene vorkommt (eine Reise dorthin – vielleicht gemeinsam mit interessierten Aquarianer – steht noch aus). Somit gibt es topografische und ökologische Faktoren, die limitierend auf die einzelnen Arten wirken.
Sewellia diardi bei Attapeu
Die quirlige Kleinstadt Attapeu im Süden von Laos ist stark vietnamesisch geprägt und Ausgangspunkt für Exkursionen in das weitere Umland bis hin nach Vietnam. Es gibt viele klare, fischreiche Flüsse und Bäche in dieser Region. Roberts fand Sewillia diardi in Zuflüssen des Xe Kaman, ganz genau im Huay Nam Chun. Sie finden sich auch im Fluss Huay Nam Paa, der sich mit anderen von Norden kommenden Flüsschen vereinigt, bevor deren Wasser in den Xe Kaman fließen. Der Nam Paa trocknet zum Ende der Regenzeit fast aus, ist in regenreicheren Perioden jedoch ein größerer Strom. In seinen Stromschnellen finden sich Flossensauger: Sewellia diardi Roberts 1998. Dagegen sind in den weiter im Truong Son Gebirge liegenden Flüssen (die nicht mit dem Xe Kaman und seinen Zuflüssen verbunden sind) keine Sewellia ssp. zu finden.
Wasserwerte in den Gebieten der Flossensauger
Alle genannten Gewässer besitzen Weichwasser ohne messbare Härtegrade. Der pH-Wert liegt im neutralen Bereich, im Bolaven bei 6,7 pH. Gerade S. speciosa und S. diardi sind für die Aquaristik “wärmstens” zu empfehlen, da diese Arten in ihrer Temperaturvalenz sehr tolerant sind. Der Huay Nam Paa z.B. ist am Ende der Trockenzeit sehr warm, etwa 28° C und veralgt. Während der Regenzeit dürfte das anders sein. 28° C werden lange Perioden im Jahr gut vertragen und sind wahrscheinlich, wenn die Temperatur im Winter auf 20 bis 22°C gesenkt wird, förderlich für Zuchtversuche. S. elongata sollte dagegen allgemein kühler gehalten werden, das Maximum liegt bei 24° C. In extremen Jahren sinken die Temperaturen der Gewässer, in denen S. elongata lebt, manchmal auf subtropische 15° C.
Quelle: ZZA 08/2014 Seite 30, Jens Kühne, mahachai-tours.com