Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.
oben links: Doryichthys deokhatoides
Kürzlich hat Aquarium Glaser einige Süßwassernadeln der Art Doryichthys martensii erhalten. Deren Lieferant wies sie schon im Vorfeld darauf hin, dass diesmal einige Doryichthys deokhatoides als Beifang dabei sein würden. Man könne sie leicht an der längeren Schnauze erkennen. So war das dann auch. Weil sie D. deokhatoides zuvor noch nicht (bewusst) bekommen haben, zeigen sie uns hier Bilder der Beifänge. Doryichthys deokhatoides wird ungefähr 18 cm lang und ist eine reine Süßwasser-Art. Sie ist ziemlich weit verbreitet, man findet sie sowohl im System des Mekong in Thailand und Laos, wie auch auf der malaiischen Halbinsel und auf den großen Sundainseln Sumatra und Borneo. Sie kommt hauptsächlich im Uferbereich von Flüssen vor, wo sie sich gerne im Bereich überhängender Ufergräser aufhält. Wie bei allen Nadeln brüten die Männchen die Eier in einer an der Bauchunterseite befindlichen Bruttasche aus. Mit etwa 13 cm Länge sind sie zuchtfähig. Diese Nadeln sind nicht schwierig bezüglich der Wasserwerte, aber sie fressen ausschließlich lebendes Kleinfutter, was ihre Haltung auf Dauer nur Spezialisten möglich macht.
oben rechts: Tatia musaica / Centromochlus musaicus
Als vor einigen Jahren die ersten schwarz-weißen „Tatia“ im Zierfischhandel erschienen, wurden sie als Sensation gefeiert. Man identifizierte diese aus Brasilien stammenden Fische als Tatia musaica. Im Jahr 2017 veröffentlichte ein Wissenschaftler-Team eine Studie über Centromochlus-Arten und beschrieb die bisher als Tatia musaica bekannte Art aus Brasilien (Einzug des Rio Nhamunda) als neue Art Centromochlus orca. Sie bestätigten allerdings Tatia musaica als gültige Art aus dem Rio Orinoko. Der „echte“ Tatia musaica unterscheidet sich farblich durch den höheren Schwarzanteil in der Färbung von C. orca. Verwunderung rief hervor, dass diese beiden einander so ähnlichen Arten in unterschiedlichen Gattungen untergebracht wurden. Leider hatte dieses Wissenschaftler-Team eine Arbeit von Steven Grant aus dem Jahr 2015 übersehen, in der Grant mehrere neue (Unter-)Gattungen aufstellte, darunter Sauronglanis für die damals als T. musaica identifizierte Art. Jetzt gab es also schon drei Gattungsnamen für die kleinen (5-6 cm langen) schwarz-weißen Tatias! Ein weiteres Wissenschaftler-Team veröffentlichte 2019 eine Studie über die verwandtschaftlichen Zuordnungen der Trugdornwelse, in der beide Arten (orca und musaica) wieder zu Tatia gestellt wurden, Sauronglanis wurde zum Synonym von Tatia erklärt. Das blieb nicht unwiedersprochen; in einer 2020 veröffentlichten Studie wurden beide Arten wieder umgruppiert und diesmal in Centromochlus gestellt, sollten jetzt also C. orca und C. musaicus heißen. Und Grant ist noch nicht überzeugt, dass seine Gattung Sauronglanis wirklich ein Synonym ist, wie er in seinem 2021 erschienenen Buch über Bratpfannen-, Dorn- und Trugdornwelse schreibt. Aquarium Glaser hat jetzt jedenfalls hübsche schwarz-weiße Trugdornwelse aus dem Orinoko im Stock, bei denen es sich zweifellos um die ursprünglich als Tatia musaica beschriebene Art handelt, zu welcher Gattung auch immer man sie zuordnen mag.
Literatur:
- Calegari, B. B., Vari, R. P. & R. E. Reis (2019): Phylogenetic systematics of the driftwood catfishes (Siluriformes: Auchenipteridae): a combined morphological and molecular analysis. Zoological Journal of the Linnean Society v. 187 (no. 3): 661-773.
- Grant, S. (2015): Four new subgenera of Centromochlus Kner, 1858 with comments on the boundaries of some related genera (Siluriformes: Auchenipteridae: Centromochlinae). Ichthyofile No. 3: 1-16.
- Grant, S. (2021): Banjos, Dorads and Woodcats. Aspredinidae, Doradidae and Auchenipteridae Catfishes. ATS-Aquashop, Neustadt am Rübenberge: 1-300.
- Sarmento-Soares, L. M., Lazzarotto, H., Rapp Py-Daniel, L. H. & R. P. Leitão (2017): A new Centromochlus Kner, 1858 (Siluriformes: Auchenipteridae: Centromochlinae) from the transition between Amazon floodplain and Guiana shield, Brazil. Neotropical Ichthyology v. 14 (no. 4): 1-11.
- Sarmento-Soares, L. M. & R. F. Martins-Pinheiro (2020): A reappraisal of phylogenetic relationships among auchenipterid catfishes of the subfamily Centromochlinae and diagnosis of its genera (Teleostei: Siluriformes). Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia v. 167: 85-146.
unten links: Notropis lutipinnis
Die Kleinfische Nordamerikas sind hierzulande eher unbekannt. Dabei umfasst allein die Gattung Notropis 91 akzeptierte Arten! Viele von ihnen sind zur Laichzeit sehr bunt. In ihrer Heimat bezeichnet man Notropis-Arten als „Shiner“, was man mit „Leuchter“ im Sinne eines leuchtenden Objektes übersetzen könnte, so sehr strahlen die Farben diese Fische. Aber leider zeigen sie nur zeitweise, was in ihnen steckt. Speziell die Jungtiere sind recht unscheinbar. Notropis lutipinnis ist in den USA auf der atlantischen Seite des Kontinents beheimatet und kommt hier vom Santee River in North Carolina bis zum Altamaha River, oberen Chattahoochee River und oberen Coosa River System in Georgia vor; weitere Vorkommen sind aus dem Little Tennessee River System in North Carolina bekannt. Hier besiedelt sie kleinere stehende und fließende Gewässer mit steinigem Untergrund und klarem Wasser in den Oberläufen der genannten Flüsse. Die Art erreicht eine Länge von rund 7,5 cm inklusive Schwanzflosse. Es handelt sich um friedliche Schwarmfische, die in ihrer Aquarienbiologie in etwa mit unseren einheimischen Elritzen (Phoxinus phoxinus) vergleichbar sind. Die Fütterung erfolgt mit allem üblichen Zierfischfutter passender Größe, jegliches als Trinkwasser geeignete Leitungswasser ist auch zur Pflege der Fische geeignet. Die Tiere auf den Fotos zeigen erstmals Nachzuchten dieser schönen Art. Dabei sind die weißlichen Tiere keineswegs die Weibchen, sondern einfach Exemplare, die nicht in Laichstimmung sind. Laichbereite Weibchen unterscheiden sich farblich nur wenig von den Männchen. Gemäß ihrer Herkunft sind Notropis lutipinnis „Energiesparfische“, die im Zimmeraquarium keiner zusätzlichen Heizung bedürfen. Im Sommer kann man sie auch im Freiland pflegen. Das Vorkommen der Art zwischen 35°N – 33°N entspricht – ganz grob gesprochen – dem Klima im Mittelmeerraum, also mit milden Wintern, in denen allerdings durchaus auch einmal Schnee fallen kann.
unten rechts: Rasbora rubrodorsalis
Aus Thailand stammt der Zwerg-Rotflossen-Bärblinge, Rasbora rubrodorsalis. Diese Art wurde erst spät, 1997, als eigenständige Art erkannt, obwohl sie weit in Südostasien verbreitet ist (Laos, Kambodscha, Thailand, Vietnam). Früher hielt man sie für eine Jugendform von der ähnlichen Art Rasbora borapetensis. Im Unterschied zu R. borapetensis hat R. rubrodorsalis einen roten Fleck in der Rückenflosse und bleibt mit maximal 3 cm Standardlänge (ohne Schwanzflosse) deutlich kleiner. R. borapetensis wird mit 6 cm Standardlänge doppelt so groß. Rasbora rubrodorsalis ist ein exzellenter Schwarmfisch für Pflanzenaquarien mit Südostasien-Charakter. Die äußerst friedliche Art ist sehr anpassungsfähig. In der Natur schwanken die Wassertemperaturen jahreszeitlich bedingt im Bereich von unter 20°C (November bis Februar) und über 30°C (März bis Oktober). Auch bezüglich der Wasserwerte werden keine speziellen Ansprüche gestellt. Die Weibchen werden mit etwa 2 cm Länge geschlechtsreif. Männchen sind generell etwas kleiner und zierlicher. In der Natur sind diese Tiere kurzlebig und pflanzen sich ganzjährig fort. In einer wissenschaftlichen Studie, die diese Fischchen in Laos ein Jahr intensiv untersuchte, war das älteste in der Natur gefundene Exemplar 121 Tage alt (ein Weibchen), das älteste Männchen 92 Tage und die Geschlechtsreife setzt im Alter von rund 50 Tagen ein. Im Aquarium werden die Fische aber viel älter, 2-3 Jahre.
Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH