Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.
Chromidotilapia kingsleyae
Die wunderbaren westafrikanischen Buntbarsche sind in den letzten Jahrzehnten etwas in Vergessenheit geraten. In den 1970er und 1980er Jahren erlebten sie dagegen einen wahren Boom und sehr viele neue Arten wurden damals entdeckt, weil die Zierfischfänger den Wunsch der Aquarianer nach bislang noch nicht gesehenen Buntbarschen nur zu gern erfüllten. Viele Arten westafrikanischer Buntbarsche sind herrlich gefärbt. Es gibt aber auch andere, unscheinbarere Arten, die dafür durch ein interessantes Verhalten punkten. Zu letzteren zählt Chromidotilapia kingsleyae. Die moderne Erforschung dieser altbekannten Art – sie wurde bereits 1891 wissenschaftlich beschrieben und ist zugleich Typusart der Gattung Chromidotilapia – verdanken wir reisenden Aquarianern mit wissenschaftlichem Anspruch, die in den 1990er Jahren aufbrachen und mit viel persönlichem Engagement Tiere in Gabun sammelten und so erst ermöglichten, ähnliche Chromidotilapia-Arten voneinander zu unterscheiden. Sie brachten auch C. kingsleyae mit und so wissen wir heute, dass dieser Prachtbuntbarsch eine maulbrütende Spezies ist, bei der sich zwar grundsätzlich beide Geschlechter an der Brutpflege beteiligen können, die Männchen aber, wenn sie die Gelegenheit haben, polygam sind. Dann laichen sie mit mehreren Weibchen, die wie in einem Harem leben. Die Brutpflege überlassen die Paschas dann ganz und gar den Damen. Die gezeigten Exemplare dieses hochinteressanten Buntbarsches stammen von einem deutschen Züchter. Aus Gabun gibt es keine Importe. Diese Tiere gehen daher wahrscheinlich auf die in den 1990er Jahren gesammelten Urahnen zurück. Unsere Tiere sind mit 6-8 cm Länge noch jung, C. kingsleyae ist mit maximal 15-18 cm Länge die größte Art der Gattung.
Wildguppy “Rio Morichal”
Der Wildguppy aus dem Rio Morichal in Venezuela ist auch als “Orange Line” unter den Freunden der Wildformen Lebendgebärender Zahnkarpfen bekannt. Es handelt sich um eine sehr kleine, zierliche Wildguppyform (keine Zuchtform). Im Vergleich zu anderen Wildguppys sind diese etwas empfindlicher, man sollte vor allem auf keimarmes Wasser achten. Bei zu hohem Keimdruck erkranken diese kleinen Juwelen schnell. Ansonsten sind es ideale Nano-Fische für Kenner und Könner!
Anablepsoides collieri (früher: Rivulus ornatus)
Zu den kleinsten Killifischen zählt dieser Winzling aus Peru. Die photographierten, geschlechtsreifen Tiere sind inklusive Schwanzflosse nur ca. 2 cm lang! Als Maximallänge werden in der Literatur 3,5 cm angegeben. Um dieses kleine Fischjuwel gab es einige Unklarheiten bezüglich der wissenschaftlichen Benennung. Zunächst bezeichnete man ihn als Rivulus ornatus. Heute ordnet man sie in der Gattung Anablepsoides ein. 2021 beschrieb Huber das Tierchen, das unweit von Iquitos auf einer Insel im Amazonas seine Typuslokalität hat, als Rivulus collieri, der jetzt gültige Name ist Anablepsoides collieri. Wie bei allen Rivulus-artigen gilt es, das Aquarium absolut dicht abzudecken, sonst landen diese Tierchen früher oder später unweigerlich auf dem Fußboden. Wenn man mehrere Männchen gemeinsam pflegen will, ist es wichtig, sie gleichzeitig einzusetzen, denn sie können untereinander recht garstig werden. Diese winzigen Fische können bis zu 3 Jahre im Aquarium leben, sind also keine kurzlebigen Killis, sondern langlebige!
Coptodon gutturosus
Buntbarsche bilden vergleichsweise schnell neue Arten aus, wenn sie in geografische Isolation geraten. Bei ihnen dauert der Artbildungsprozess oft nur wenige Jahrzehnte oder Jahrhunderte, wozu andere Gruppen oft Jahrtausende brauchen. Der Lake Bermin in Kamerun ist ein vergleichsweise winziger Kratersee mit nur 0,6 – 0,7 km2 Oberfläche. Der See befindet sich in einem ehemaligen Vulkankrater, hat keinen Zufluss, aber einen Abfluss, der in den Cross River entwässert. In diesem See leben 9 Arten ausschließlich dort vorkommender Buntbarsche der Gattung Coptodon, die alle auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen sind. Die Artunterscheidung dieser Coptodon ist außerordentlich kniffelig, ganz offenbar ist der Artbildungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen. Die gezeigten Tiere sind Nachzuchttiere von Buntbarschen dieses Sees, die Glaser als Coptodon gutturosus angeboten wurden. Die Eltern unserer Fische sind bereits Nachzuchttiere. Coptodon gutturosus hat meist im Brutpflegekleid eine tiefrote Brust, ein Erbe von Coptodon guineensis, der wohl der gemeinsame Vorfahr alle Coptodon-Arten des Lake Bermin ist. Unsere Tiere sind prächtig messingglänzend, mit blauen, wulstig aufgeworfenen Lippen und (das ist stimmungsabhängig) tiefschwarzer Bauchkante. Den roten Bauch der Eltern zeigen sie (noch) nicht. Somit vereinigen sie Merkmale von C. gutturosa, C. snyderae und C. bemini in sich; auch C. bakossiorum sieht ähnlich aus. Keine der genannten Coptodon-Arten wird größer als 14 cm, C. snyderae wird in der Natur mit 2,5 cm Länge fortpflanzungsfähig und wächst kaum über 6 cm hinaus, C. bemini erreicht die erwähnten 14 cm, C. gutturosus und C. bakossiorum bleiben irgendwo dazwischen. Es sind also kleine bis mittelgroße Buntbarsche. Pflanzen sehen sie als Nahrungsbestandteil, das muss man wissen. Es sind offenbrütende Cichliden mit Elternfamilie, die in ihrem gesamten Verhalten ganz gut mit friedlicheren Cichlasoma-Verwandten (z.B. den Amatitlania-Arten) verglichen werden können.
Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH