Raritäten & Neuimporte im Fokus 443

Raritäten & Neuimporte im Fokus 443

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

Pseudorinelepis sp. L95a

Gegenwärtig wird von wissenschaftlicher Seite nur eine Art von Pseudorinelepis anerkannt, nämlich P. genibarbis. Nach dieser Annahme ist die Art sehr weit im tropischen Südamerika verbreitet und kommt sowohl im Amazonas und dessen Zu- und Nebenflüssen, wie auch im Orinoko und dessen Einzugssystem vor. Die beobachteten Farbunterschiede von lebenden Pseudorinelepis sind nach dieser These eher auf individuelle Farbanpassung an unterschiedliche Bodengründe, Alter und Geschlechtsunterschiede zurückzuführen. Aber in der aquaristischen Praxis stellt sich das etwas anders dar. Die begehrtesten Tiere mit hellgrauer Grundfärbung, kräftiger Fleckung, orangefarbenen Backen und Flossenstrahlen kommen nur im Rio Demini in Brasilien vor; Exemplare aus dem Ucayali in Peru sind dunkelbraun mit großen, unregelmäßigen Flecken. Und die Pseudorinelepis aus dem Rio Purus in Brasilien sind meist fast schwarz, ebenso solche, die aus dem Orinoko in Kolumbien exportiert werden. Diese Farbunterschiede führten zu L-Nummern, nämlich L95 für Tiere aus dem Demini und L152 für solche aus dem Orinoko. Die Fische aus dem Purus haben noch keine „offizielle“ L-Nummer erhalten und werden im Handel als L95a bezeichnet. Tatsächlich sind auch L95a farblich sehr variabel. Die zwei für diesen Post fotografierten Exemplare entstammen der gleichen Sendung, sind in etwas gleich groß (11-14 cm) und zeigen recht deutlich, wie unterschiedlich einzelne Tiere gefärbt sein können. Pseudorinelepis werden mit 35-50 cm Endgröße vergleichsweise groß und sind im Alter oft sehr territorial. Für die dauerhafte Pflege der vorwiegend pflanzenfressenden Fische sind darum nur wirklich große Aquarien geeignet. Über eine erfolgreiche Nachzucht ist Aquarium Glaser nichts bekannt, wahrscheinlich wurde das aber auch noch nie versucht, da der verhältnismäßig geringe Bedarf leicht durch Importe zu decken ist.

Brevibora sp. Giant

Schon seit Jahrzehnten geistert eine Legende durch Aquarianerkreise, nämlich dass es zwei Unterarten des Augenfleckbärblings Brevibora dorsiocellata (früher: Rasbora dorsiocellata) gäbe, eine kleinbleibende und eine großwüchsige. Der Kleinbleibende ist – dieser Legende nach – B. dorsiocellata macrophthalma, der Großwüchsige B. d. dorsiocellata. Diese Legende geht auf zwei Importe von Augenfleckbärblingen aus den Jahren 1935 und 1943, über die mit Bild in damals sehr bekannten Büchern berichtet wurde, zurück. Das waren großwüchsige Tiere von gut 5 cm Länge (inklusive Schwanzflosse). Diese Fische wurden damals als Rasbora dorsiocellata bestimmt, gehörten aber tatsächlich einer wissenschaftlich bis heute unbeschriebenen Art an. Später (1951) beschrieb Hermann Meinken die Unterart Rasbora dorsiocellata macrophthalma, die sich deutlich von den früher importierten Tieren unterscheidet und tatsächlich maximal 3 cm (Weibchen) lang wird, Männchen bleiben kleiner. Diese Unterart wurde 2011 in einer wissenschaftlichen Arbeit, die eine neue Brevibora-Art (B. cheeya) beschrieb, zum Synonym von B. dorsiocellata erklärt. Dabei ist leider ein Fehler passiert, der hier jedoch nicht ausgeführt werden soll, sondern in einer rein wissenschaftlichen Arbeit in Bälde aufgearbeitet wird. Auch die Tiere, die der wissenschaftlichen Beschreibung von Rasbora dorsiocellata 1904 zugrunde lagen, sind kleine Fische, diese Art wird nur 2-3 cm lang. Glaser ist jetzt – wohl erstmals erkannt seit dem Ende des 2. Weltkrieges – der Import von Augenfleckbärblingen der großwüchsigen Art gelungen! Die Tiere stammen nach Auskunft des Lieferanten aus dem großen Fluss Batang Hari auf Sumatra und zwar aus dem Teil, der durch die Provinz Jambi fließt. Die große Form (ihre Tiere sind aktuell ca. 4 cm lang inklusive Schwanzflosse) unterscheidet sich von der Leuchtaugenrasbora u.a. durch das Fehlen der auffällig blau leuchtenden unteren Irishälfte und durch eine andere Kopfform mit längerer Schnauze. Für die Photosession haben sie ein xxl-Weibchen der Leuchtaugenrasbora aus Indonesien zu den Neuimporten gesellt, so dass die Unterschiede sehr gut sichtbar werden.

Notropis lutipinnis

Die Kleinfische Nordamerikas sind hierzulande eher unbekannt. Dabei umfasst allein die Gattung Notropis 91 akzeptierte Arten! Viele von ihnen sind zur Laichzeit sehr bunt. In ihrer Heimat bezeichnet man Notropis-Arten als „Shiner“, was man mit „Leuchter“ im Sinne eines leuchtenden Objektes übersetzen könnte, so sehr strahlen die Farben diese Fische. Aber leider zeigen sie nur zeitweise, was in ihnen steckt. Speziell die Jungtiere sind recht unscheinbar. Notropis lutipinnis ist in den USA auf der atlantischen Seite des Kontinents beheimatet und kommt hier vom Santee River in North Carolina bis zum Altamaha River, oberen Chattahoochee River und oberen Coosa River System in Georgia vor; weitere Vorkommen sind aus dem Little Tennessee River System in North Carolina bekannt. Hier besiedelt sie kleinere stehende und fließende Gewässer mit steinigem Untergrund und klarem Wasser in den Oberläufen der genannten Flüsse. Die Art erreicht eine Länge von rund 7,5 cm inklusive Schwanzflosse. Es handelt sich um friedliche Schwarmfische, die in ihrer Aquarienbiologie in etwa mit unseren einheimischen Elritzen (Phoxinus phoxinus) vergleichbar sind. Die Fütterung erfolgt mit allem üblichen Zierfischfutter passender Größe, jegliches als Trinkwasser geeignete Leitungswasser ist auch zur Pflege der Fische geeignet. Auf den Bildern sind Nachzuchten dieser schönen Art zu sehen (balzaktiven Eltern). Dabei sind die weißlichen Tiere keineswegs die Weibchen, sondern einfach Exemplare, die nicht in Laichstimmung sind. Laichbereite Weibchen unterscheiden sich farblich nur wenig von den Männchen. Gemäß ihrer Herkunft sind Notropis lutipinnis „Energiesparfische“, die im Zimmeraquarium keiner zusätzlichen Heizung bedürfen. Im Sommer kann man sie auch im Freiland pflegen. Das Vorkommen der Art zwischen 35°N – 33°N entspricht – ganz grob gesprochen – dem Klima im Mittelmeerraum, also mit milden Wintern, in denen allerdings durchaus auch einmal Schnee fallen kann.


Rineloricaria sp. Jacareacanga

Aquarium Glaser hat eine kleine Anzahl dieser neuen, wirklich außergewöhnlich gezeichneten Rineloricaria sp. Jacareacanga – benannt nach dem Fundort am Rio Tapajós – erhalten. Herzlichen Dank an Ingo Seidel für die Info zur Herkunft dieser Welse! Glasers größten Tiere sind etwa 15 cm lang. Es sind wirkliche Schönheiten, wer hätte gedacht, dass von einer so gut bekannten Gattung aus einem von Zierfischsammlern regelmäßig besuchten Gebiet noch solche Neuheiten zu erwarten sind!

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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