Gegen die Strömung – Workshop in Vietnam

Gegen die Strömung – Workshop in Vietnam

Von Heiko Blessin

Gekürzter Artikel aus dem “Aquaristik Fachmagazin”

Bis zu 11 km/h Stunde Strömungsgeschwindigkeit Foto: Heiko Blessin
Bis zu 11 km/h Stunde Strömungsgeschwindigkeit
Foto: Heiko Blessin

In diesem Bericht möchte ich von einem Thema berichten, das wir auf diesem JBL-Workshop untersucht haben: Wie stark ist die Strömung in verschiedenen Gewässern und wie stark sind Strömungen in Aquarien? Ist Strömung überhaupt entscheidend? Die letzte Frage gleich vorweg: Ja, Strömung kann für die Zucht von Fischen der ausschlaggebende Faktor sein, wie zum Beispiel von Schmerlen bereits berichtet wurde. Ein Engländer, der Prachtschmerlen seit Jahren erfolgreich züchtet, hat nach Biotopbeobachtungen in Sumatra einen etwa 3 m langen Betonbehälter gebaut, zwei große Schwimmbadpumpen an der Stirnseite angebracht und Tonröhren hineingelegt. Und siehe da: Es geht auch ohne Hormoninjektion!

Eine Beobachtung vor Ort war der ausschlaggebende Grund dafür, sich näher mit dem Thema Strömung zu beschäftigen: In einem Flusslauf mit vier kleinen  Wasserfällen, die nie höher als zwei Meter waren, fand ich eine Schmerlenart, die nur auf einem einzigen Stein zu leben schien. Ich fand sie tatsächlich nur auf diesem einen Felsbrocken, der etwa 2 m Kantenlänge hatte und direkt unter dem aufprallenden Strahl lag, der vom Wasserfall stammte. Es verblüffte mich vor Ort unglaublich, dass diese Art (vermutlich eine Annamia) tatsächlich nur auf diesen 4 qm lebte und den umgebenden Lebensraum zu meiden schien. Es muss nicht unbedingt die Strömung an sich gewesen sein, auch die Nahrungsquelle kann den Ausschlag geben, denn die Schmerlen weideten deutlich sichtbar den Aufwuchs auf dem Stein ab.

Wir hatten auf unseren Expeditionen ein Strömungsmessgerät dabei. Der Maximalwert, der von uns ermittelt werden konnte, lag bei 9 m/s, also knapp 11 km/h! Entfernt man sich aus einer starken Strömung und schnorchelt in etwas ruhigere Gefilde mit größerem Wasservolumen, sinkt die Strömungsgeschwindigkeit auf 0,4 m/s (1,44 km/h). Dort ändert sich mit der Strömung auch die Fischfauna. Statt der Annamia-Art leben dort Grundeln, Schmerlen der Gattung Schistura (105 nachgewiesene Arten und Unterarten gibt es von ihnen in Vietnam) und Bärblinge.

Rainer KÖNIG konnte beobachten, wie Rasboren sich bevorzugt im starken Strömungsbereich des Flusses aufhielten. Er änderte nach seiner Rückkehr die Technik an seinen Aquarien und baute Strömungspumpen ein. Innerhalb kürzester Zeit änderte sich das Verhalten seiner Rasbora: Sie wurden wesentlich agiler, schwammen aktiv in die Strömung und zeigten nach einigen Tagen sogar schönere Farben.

Zum Vergleich:  Im Aquarium testeten wir eine Pumpe, die mit 800 l/h angegeben ist. In 10 cm Entfernung zum Auslass (ohne Breistrahlrohr) der Pumpe betrug die gemessene Strömung 0,4 m/s. Interessanterweise nahm die Strömung in 30 cm kaum ab und betrug immer noch 0,36 m/s (1,3 km/h).

Gerade für Planktonfresser ist die Wasserströmung essentiell. Sie treibt das kleine Futter portionsgerecht vor das Maul der Fische und bringt ständig Nachschub.

Rasboren hielten sich gern in der Strömung auf. Foto: Rainer König
Rasboren hielten sich gern in der Strömung auf. Foto: Rainer König

Gewässerströmung hat auch stets einen Einfluss auf die Wasserparameter. Eine starke Wasseroberflächenbewegung treibt CO2 aus und erhöht den Sauerstoffgehalt. So verwundert es nicht, dass der Sauerstoffgehalt im Bereich der Wasserfälle am oberen Ende der Messskala mit >10 mg/l rangierte und im langsam fließenden Fluss etwa 200 m weiter auf 8 mg/l sank. Auch Karbonathärte und pH-Wert veränderten sich nachvollziehbar: Im Bereich des zweiten Wasserfalls lag der pH-Wert bei 7,2 und die KH bei 1°dH. Daraus resultiert rechnerisch ein CO2-Gehalt von 2 mg/l. Beim ersten Wasserfall sinkt der pH-Wert schon auf 6,7 bei unveränderter Karbonathärte. Der CO2-Gehalt liegt dann schon bei etwa 6 mg/l. Im Fluss sinkt dann der pH-Wert auf 6,4 und auch die KH sinkt auf 0°dH. Der CO2-Gehalt bleibt dann bei etwa 6 mg/l. Der sinkende pH-Wert wird nicht mehr nur über das CO2 erreicht, sondern auch über die organische Substanz, z.B. Blätter und Holz im Fluss. Die Wassertemperatur bleibt übrigens vom Fluss bis zum fünften Wasserfall unverändert zwischen 28 und 29°C.

Den vollständigen Artikel finden Sie im Aquaristik Fachmagazin 232

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