Dass es in Thailand immer wieder neue Trends in der Zucht von Kampffischen der Art Betta splendens gibt, ist nicht neu. Selbst andere Arten der Gattung, etwa Betta smaragdina, werden statt in der Naturfarbe Grün jetzt auch in Kupferfarbe gezüchtet. Ich habe im Aquaristik-Fachmagazin wiederholt darüber berichtet. Die nicht nur in Thailand sehr beliebten „Fighting fish“ gibt es jetzt in einer neuen Variante. Nicht in einer neuen, Aufsehen erregenden Farbe, sondern mit so genannten „Elefantenohren“.
Zur Zeit ist es ein neuer Trend, der sich anscheinend in der Gunst der Thailänder mehr und mehr durchsetzt. Unter „Elephant ear“, wie sie in Thailand genannt werden, versteht man Zuchtformen mit stark vergrößerten Pectoralen, also Brustflossen. Bei dem Versuch, die unpaaren Flossen der beliebten Betta splendens immer farbiger zu züchten, wurden nebenbei auch Anstrengungen unternommen, um die Form der Flossen attraktiv zu verändern. Nach den bekannten Langflossen kreierte man die „Halfmoon“, rund wie ein halber Mond, und auch die „Crowntail“, gezackt wie eine Krone. Aber auch die der Naturform ähnelnden Kurzflosser, bekannt als „Shorttail“, rückten wieder ins Blickfeld der Züchter. Während dabei die unpaaren Flossen und auch der Körper sogar bis zur Schnauzenspitze farblich einbezogen waren, wurden die paarigen wie Bauch- und Brustflossen früher kaum beachtet. Während die Bauchflossen auch bei größerem Ausmaß farbig blieben, waren die Brustflossen meist nach wie vor transparent. Zwar gab es schon erste Zufallszuchten mit vergrößerten Brustflossen, die auch etwas Farbe zeigten, ihre Zucht aber wurde nicht weiter forciert. Erst in jüngster Zeit hat sich ein kleiner Kreis von Züchtern mit Inbrunst dieser Aufgabe gewidmet. Ausgangsmaterial waren weiße Betta splendens. Bei diesen Fischen waren die Brustflossen nicht transparent, sondern weiß. Auf die weißen Körper und die weißen Flossen Farbe zu züchten, erwies sich als gar nicht so schwierig. So gibt es heute verschiedenste Farbzüchtungen mit weißen Brustflossen, die häufig auch an der Flossenbasis unterschiedliche Körperfärbungen zeigen. Entscheidend aber ist die Größe der Brustflossen. Heute spricht man von drei Größen. Größe eins, zwei und die riesig dimensionierten „Elefantenohren“ bezeichnet man mit Größe drei.
Beim Betrachten dieser Fische könnte man den Eindruck gewinnen, dass diese besonders großflächigen Brustflossen den Fischen das Schwimmen erschweren. Die Annahme, es könnte dabei zu ruderförmigen Schwimmbewegungen kommen, hat sich nicht bestätigt. Schnelle Fluchtreaktionen vor Fressfeinden wären damit allein in der Natur möglicherweise schwierig. Da es sich aber bei den so genannten „Show-Betta“ mit langen Flossen um Zuchtprodukte handelt, wären Vergleiche mit Verhaltensweisen in der Natur reine Spekulation und unrealistisch. Im Aquarium und speziell bei der Zucht zeigt sich, dass es keine Probleme gibt.
Diese Betta splendens „Elefantenohren“ sind durch die übergroßen Brustflossen im Aussehen extrem attraktiv. Und wie nicht anders zu erwarten, waren diese farbigen, großen Pectoralen bei Shorttail, Longfin und auch bei Halfmoon Züchtungen auf dem Betta-Wochenendmarkt zu sehen. Inwieweit sich diese Merkmale in der weiteren Zucht ohne das Rückkreuzen mit Fischen mit „Normalbrustflossen“ durchsetzen und permanent erhalten lassen, muss noch abgewartet werden. Und die „Elephant-ear-Betta“ haben ihren Preis. So ist es nicht selten, dass Fische mit Pectoralgröße drei bis 100 Euro kosten – für Thailand Spitzenpreise. Asiatische Züchter, besonders chinesische, hegen eine besondere Begeisterung für langflossige Fische. Das zeigt sich schon an den traditionellen Zuchtformen der Goldfische. In wieweit dieses Interesse auch diese neuen Zuchtform von Betta splendens betrifft und ob es ebenso lang wie für die Goldfische anhält, wird sich zeigen. In Asien sind die Chancen dafür gut, in Europa eher ungewiss. Möglicherweise bleiben nach einer turbulenten Nachfrage mit hohen Preisen nur wenige Enthusiasten für diese Zuchtform übrig, denn für die wirklichen Freunde der langflossigen Siamesischen Kampf- fische haben auch diese „Elephant ear“ etwas Besonderes.
Quelle:
Horst Linke, Aquaristik Fachmagazin, Ausgabe 226, ISSN 1 437-4854