Raritäten & Neuimporte im Fokus 437

Raritäten & Neuimporte im Fokus 437

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

Pseudorasbora elongata

Micralestes humilis ( = „M. stormsi“)
Leider wird Micralestes humilis aus Nigeria nur relativ selten angeboten. Diese zu den Kongosalmlern zählende Art ist nämlich ein herrlicher Kontrastfisch für Westafrika-Aquarien. Besonders auffällig ist die knallrote Fettflosse bei dieser Art. Sie dient einerseits dem Schwarmzusammenhalt, ist aber auch verwirrend für Raubfische. Jene konzentrieren sich nämlich beim Angriff auf das Auge der Beute. Bei M. humilis und einigen weiteren, sehr ähnlichen Arten (darunter M. stormsi, unter diesem Namen wird M. humilis auch meist gehandelt) ist die obere Augenhälfte rot; im Schwarmgetümmel ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich der Räuber versehentlich auf die Fettflosse statt auf das Auge konzentriert und somit der Angriff ins Leere geht. Die Maximallänge von M. humilis wird in der Literatur gelegentlich mit über 10 cm angegeben; das ist aber sehr hochgegriffen und beruht vermutlich auf Verwechslungen der insgesamt 17 Micralestes-Arten, die sich auf den ersten Blick oft sehr ähnlich sehen. Aquarium Glaser meint, dass 6-8 cm ein realistischer Wert für M. humilis sind. In der Pflege sind Micralestes als einfach zu bezeichnen; besondere Ansprüche an die Wasserzusammensetzung und an das Futter werden nicht gestellt, 22-26°C Wassertemperatur sind optimal. Männchen und Weibchen unterscheiden sich deutlich durch de Form der Afterflosse, die beim Männchen am vorderen Ende eine Ausbuchtung aufweist. Beachten muss man lediglich, dass Micralestes echte Fluchttiere und somit schreckhaft sind. Ihr Aquarium sollte darum groß und gut strukturiert sein, Aquarienmitbewohner friedlich.

Beaufortia kweichowensis

Möglicherweise ist der Name für diesen Flossensauger neu für dich, aber du kennst das Tier. Tatsächlich ist oder war Beaufortia kweichowensis der häufigste Flossensauger im Handel und wurde als „China Pleco“, „Chinese Butterfly Sucker“ oder „Butterfly loach“ gehandelt, wobei als wissenschaftlicher Name meist Beaufortia leveretti angegeben war. Beaufortia leveretti gibt es wirklich, die Art kommt auf der Insel Hainan vor. Im Gegensatz zu B. kweichowensis hat sie keine Punkte auf dem Körper (nur eine etwas verwaschene Zeichnung). Aber weil sich Beaufortia-Arten in vielen körperlichen Merkmalen sehr ähneln, beschrieb der Ichthyologe Fang 1930 seine Neuentdeckung kweichowensis nur als Unterart zu der drei Jahre zuvor von den Kollegen Nichols & Pope beschriebenen B. leveretti. Und weil dadurch ein sehr langer Name entstand (Beaufortia leveretti kweichowensis) ist auf den Stocklisten der Händler die Unterartbezeichnung kweichowensis oft weggefallen; übrig blieb B. leveretti. Heute betrachtet man diese beiden Beaufortia als unterschiedliche Arten. B. leveretti kommt im Handel praktisch nicht vor, es handelt sich bei den unter diesem Namen angebotenen Tieren immer um B. kweichowensis. Diese Art stammt aus dem West-River, dem Hauptzufluss des Perlenflusses im südlichen China. Meist kommen die Tiere im Handel aus der Provinz Guangdong, die ein Haupthandelszentrum für lebende Tiere aller Art ist. Neben B. kweichowensis und anderen Flossensaugern kommen von dort z.B. auch die meisten Weißwangengrundeln (Rhinogobius duospilus, früher als R. wui bezeichnet). Die wichtigste Eigenschaft von B. kweichowensis ist sicherlich – unter allgemeinen aquaristischen Gesichtspunkten betrachtet -, dass es sich um ein Tier der gemäßigten Breiten handelt und nicht um einen Tropenbewohner. Man darf die Art darum nicht dauerhaft bei Temperaturen über 24°C pflegen, das bedeutet langfristig ihr Todesurteil! Ideal sind Temperaturen zwischen 12°C im Winter und 21°C im Sommer, wobei krasse Temperaturwechsel nach oben und unten immer zu vermeiden sind. Die Fische sind Bewohner stark strömender Gewässer und brauchen sauberes, sauerstoffreiches Wasser. Die Nahrung von B. kweichowensis bildet in der Natur Aufwuchs, also das reiche Mikroleben, das sich auf der Oberseite von Steinen etc. bildet. Darum füttere man abwechslungsreich mit gutem Flockenfutter (wichtig sind pflanzliche Bestandteile), Frostfutter und feinem Lebendfutter. Beaufortia kweichowensis eignet sich ideal für ungeheizte Aquarien und passt damit so recht in moderne Energiesparkonzepte. Untereinander und gegen artfremde Fische sind sie weitgehend friedlich, allerdings verjagen die Männchen (sie sind schlanker gebaut) Geschlechtsgenossen aus ihrer unmittelbaren Nähe, ohne dass es dabei zu Beschädigungskämpfen kommt.

Pseudocrenilabrus sp. Ruaha

Die kleinen Maulbrüter der Gattung Pseudocrenilabrus werden seit Beginn der modernen Aquaristik – in den 1880er Jahren – im Aquarium gepflegt und gezüchtet. Die Art P. multicolor war einst so populär, dass man sie einfach „den Maulbrüter“ nannte, obwohl schon damals bekannt war, dass es hunderte von maulbrütenden Buntbarsch-Arten gibt. Die Systematik von Pseudocrenilabrus liegt im Vergleich dazu schwer im argen. Die hier vorgestellte Art ist wissenschaftlich noch nicht bearbeitet. Sie wurde wahrscheinlich erstmals von Lothar Seegers im oberen Einzug des Ruaha-Flusses auf einer seiner Tansania-Expeditionen im Jahr 1996 entdeckt, mitgebracht und in der Literatur vorgestellt. Ob die heute im Handel befindlichen Tiere noch Nachkommen dieses Erstimportes sind, weiß Aquarium Glaser nicht. Kommerzielle Exporte aus dieser Region von Tansania gibt es nicht, aber ab und zu verirren sich Killianer (also enthusiastische Killifisch-Pfleger) in diese Ecke der Welt. Es ist darum nicht ausgeschlossen, dass auch nach 1996 nochmals ein paar Exemplare nach Europa oder in die USA kamen. Pseudocrenilabrus sp. Ruaha ist ein typischer Zwergmaulbrüter. Die Männchen sind mit 5-6 cm voll ausgefärbt und geschlechtsreif, Weibchen sind 1-2 cm kleiner. In großen Aquarien können die Tiere sicher noch etwas wachsen. Die Geschlechter kann man leicht an der Färbung der Afterflosse unterscheiden, die bei den Männchen gestreift, bei den Weibchen zeichnungslos ist. Die Afterflossenzeichnung unterscheidet P. sp. Ruaha auch zuverlässig von anderen Pseudocrenilabrus-Arten. Zusätzlich fällt die senkrechte Streifung auf, die die Tiere stimmungsbedingt oft zeigen. Die Pflege und Zucht unterscheidet sich nicht von der schon ewig bekannten Art P. multicolor, weshalb wir hier nicht näher darauf eingehen.


Pseudorasbora elongata

Die Gattung Pseudorasbora umfasst nur fünf akzeptierte Arten. Man kann Vertreter der Gattung leicht an der nach oben gerichteten Maulspalte erkennen (der Fachausdruck lautet: oberständiges Maul), ein Merkmal, das innerhalb der Karpfenfische (Cyprinidae) nur selten auftritt. Verbreitet ist Pseudorasbora ursprünglich in Ostasien (China, Russland, Japan). Eine Art, P. parva, wurde in den 1970er Jahren unabsichtlich mit Speisefischen (Graskarpfen, Silberkarpfen, Marmorkarpfen), die zur Bekämpfung der Algenplagen in Mitteleuropa gedacht waren, eingeschleppt und gilt heute als eine der schlimmsten invasiven Arten innerhalb der EU. Die Algenplage war eine Folge der damals hohen Phosphateintragungen mit Waschmitteln und einer unzureichenden Abwasserklärung. Vier der fünf Pseudorasbora-Arten sehen P. parva sehr ähnlich, aber eine – P. elongata – fällt völlig aus dem Rahmen. Aquarium Glaser konnte diese schönen Tiere, deren Heimat in China liegt (Provinzen Guangxi, Anhui, Zhejiang, jedoch überall nur selten und lokal, an der Typuslokalität, dem Fluss Li, gilt sie als vom Aussterben bedroht) jetzt zum zweiten Mal (das erste Mal war 2016) in einer kleinen Stückzahl importieren. Da die Art durch Dammbau und andere Umwelteinflüsse wohl stark gefährdet ist (allerdings wird sie in der aktuellen Internationalen Roten Liste als „nicht gefährdet“ ( = leat concern) geführt) hoffen wir sehr, dass sich Züchter der Tiere annehmen. Andere Pseudorasbora-Arten üben Brutpflege aus, eine Seltenheit unter Cypriniden. Bei P. parva bewacht das Männchen aggressiv den an feste Gegenstände (Steine, Wurzeln, Aquarienscheiben etc.) angehefteten Laich bis zum Schlupf der Larven. Genetische Untersuchungen zeigen, dass P. elongata eng mit den anderen Pseudorasbora-Arten verwandt ist. Darum ist es recht wahrscheinlich, dass auch ihr Brutpflegeverhalten ähnlich ist. Rein äußerlich gleichen diese Fische verblüffend dem zu den Salmlern gehörenden Kopfsteher Anostomus ternetzi. Untereinander sind die Tiere friedlich. Sie nehmen jedes übliche Zierfischfutter an. Beim Fressen geben diese Fische manchmal seltsame Klick-Laute von sich, die sich anhören, als würde man mit dem Fingernagel an ein kleines Glas schnipsen. Aufgrund ihrer Herkunft ist die Pflege bei Zimmertemperatur (18-22°C, mit möglichen 3-4°C Abweichung nach oben und nach unten) zu empfehlen. Die Maximallänge von P. elongata wird mit 12 cm (Standardlänge ohne Schwanzflosse) angegeben.

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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