Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.
Hemigrammus rubrostriatus
Früher wurde der wunderschöne Salmler Hemigrammus rubrostriatus, der erst 2015 wissenschaftlich beschrieben wurde, nur als seltenen Beifang präsentiert. Doch inzwischen gelingt Aquarium Glaser häufiger ein regulärer Import der herrlichen Fische aus Venezuela, so auch aktuell wieder. Die etwa 4-5 cm langen Tiere sind ausgewachsen und voll ausgefärbt. Sie gehören sicherlich zu den schönsten Kleinsalmlern überhaupt. Die Schwanzzeichnung mit dem blutroten Leuchtfleck erinnert an die bekannten Laternenträger (Hemigrammus ocellifer und H. falsus), der herrlich rote Längssteifen steht an Leuchtkraft dem von Hyphessobrycon amapaensis um nichts nach und der gelbe Bauch strahlt wie beim Kitty-Tetra, Hyphessobrycon heliacus. Dazu kommt noch die hübsche, rot-weiße Zeichnung in den Flossen. Man könnte meinen, dieser Fisch sei geradezu als idealer Zierfisch entworfen worden! Bezüglich der Pflege unterscheidet sich Hemigrammus rubrostriatus, für den sie als deutschen Gebrauchsnamen „Rotstreifen-Salmler“ vorschlagen, nicht von seinen seit fast einem Jahrhundert fest als Aquarienfischen etablierten Gattungsgenossen. Es sind friedliche Gesellschaftsfische, die am liebsten im Trupp mit ihresgleichen umherziehen. Zur Pflege ist die Wasserzusammensetzung nebensächlich, jedes Trinkwasser ist geeignet, allerdings fördern weiches, leicht saures Wasser und der Zusatz von Huminstoffen aus Blättern, Torf, Erlenzäpfchen, Wurzeln etc. die Farbenpracht.
Pterophyllum „Platinum“
Weiße Tiere üben auf viele Menschen eine besondere Anziehungskraft aus. In Mythen und Märchen sind es oft weiße Individuen einer wild lebenden Tierart, die zauberische Eigenschaften aufweisen. So erklärt es sich zwanglos, warum auch weiße Kaninchen, weiße Tauben, weiße Mäuse etc. unter den Heimtieren einen besonderen Stellenwert einnehmen und Zierfische sind da keine Ausnahme. Oft ist der Verlust an Farbe mit einem Gen gekoppelt, das zu völligem Albinismus führt. In Folge haben diese Tiere rote, etwas lichtempfindliche Augen. Rote Augen wiederum finden viele Menschen störend. Der Pterophyllum „Platinum“ ist eine schneeweiße Zuchtform des gewöhnlichen Aquarienskalars, der meist als Pterophyllum scalare bezeichnet wird. Da aber höchstwahrscheinlich mehrere Arten bei seiner Entstehung beteiligt waren, ist es nicht so sehr sinnvoll, einen wissenschaftlichen Artnamen zu verwenden. Platinum-Skalare sind eine relativ junge Zuchtform, die Glaser erstmals 2006 aus Sri Lanka erhalten haben. Inzwischen wird sie von nahezu allen großen Zierfischzüchtereien im Sortiment geführt. Bezüglich der zu erwartenden Endgröße, Temperatur, Futter, allgemeinen Pflegeansprüchen etc. unterscheiden sie sich nicht vom gewöhnlichen Aquarienskalar.
Poecilia salvatoris
Der Liberty Molly ist ein alter Bekannter im Aquarium, galt allerdings bis vor kurzer Zeit als bloße Variante und Synonym des in Mittelamerika weit verbreiteten Spitzmaulkärpflings (Poecilia sphenops). Erst seit wenigen Jahren bemüht man sich mit modernsten Methoden – u.a. DNS-Untersuchungen – Licht in das Dunkel zu bringen, das die systematische Einteilung dieser Fische so schwierig macht. Seitdem wurde der bereits 1907 aus El Salvador als eigenständige Art beschriebene Poecilia salvatoris als gute Art „wiederentdeckt“. Diese Fische sind wissenschaftlich aus El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua belegt. Aquaristisch trat der Liberty Molly erstmals 1935 in Erscheinung. Es handelte sich bei den Tieren um eine sehr schön orangeflossige Standortvariante aus Yukatan, wobei nicht klar ist, ob damit die Halbinsel oder der mexikanische Bundesstaat gemeint war (wahrscheinlich ist aber die Halbinsel). William Innes brachte von den attraktiven Tieren sogar eine farbige Abbildung, was damals sehr kostspielig war und zeigt, wie schön die Fische sind. Leider erwies sich der damalige Stamm als ausgesprochen unverträglich mit anderen Fischen. Den Namen „Liberty Molly“ erhielt er, weil die dreifarbige Rückenflosse der Männchen fantasiebegabte Menschen an die Farben der französischen Trikolore und der amerikanischen Flagge erinnerte – beides Symbole der Freiheit (engl. Liberty). Inzwischen haben fast 100 Jahre Auslesezucht zu relativ friedlichen Tieren geführt. Ähnlich wie bei Sumatrabarben (Puntigrus) oder Roten von Rio (Hyphessobrycon flammeus) ist diesbezüglich aber auch die Gruppengröße wichtig. In zu kleinen Verbänden gepflegte Tiere können zu wahren Plagen im Aquarium werden, die andere Fische ununterbrochen bedrängen und drangsalieren. Ideal eignen sich Liberty Mollys für größere Gesellschaftsaquarien mit Buntbarschen, Welsen und größeren Salmlern. Diese Fische lassen sich von den Mollys nichts gefallen und leben zudem bevorzugt in mittleren und unteren Wasserschichten, während die Mollys – wie in der Natur – am liebsten oberflächennah schwimmen; allerdings kann man auch oft beobachten, dass gut eingewöhnte Liberty Mollys die gesamte Wassersäule beschwimmen. Alles in allem sind Liberty Mollys eine ebenso schöne wie lebhafte Wildform der Lebendgebärenden, bei der jedoch die erwähnten Besonderheiten im Verhalten berücksichtigt werden müssen.
Fundulopanachax walkeri (früher: Aphyosemion w.)
Einst war der 6-7 cm lang werdende Killifisch Fundulopanachax walkeri bei den Liebhabern dieser Fischgruppe sehr beliebt und weit verbreitet, obwohl er erst 1952 in die Aquarien kam. Der schöne Fisch stammt aus Ghana, wo er im Urwald lebt. Geografisch ist das Vorkommen von F. walkeri bemerkenswert, denn er ist die einzige Art seiner Verwandtschaftsgruppe, die westlich des so genannten Dahomey Gap (einer Trockensavannenzone) vorkommt. Obwohl der Lebensraum von F. walkeri tropisch-feucht ist, durchlaufen die Eier eine lange Entwicklung, wie sie für Arten typisch ist, deren Lebensraum immer wieder einmal austrocknet. Erst zwei bis drei Monate nach der Ablage sind die Eier schlupffähig. Leider wird Fundulopanachax walkeri derzeit nur selten angeboten; Aquarium Glaser hatte ihn zuletzt vor 8 Jahren bei sich. Die gezeigten Tiere sind übrigens voll ausgewachsene Nachzuchtexemplare. Im Gegensatz zu vielen anderen Killis kann man F. walkeri durchaus auch in klug eingerichteten und besetzten Gesellschaftsaquarien pflegen. Mitbewohner sollten ruhig und friedlich sein. Das Aquarium sollte nicht zu hell beleuchtet sein, dichten Pflanzenwuchs und einen dunklen Bodengrund aufweisen. Die Wasserwerte sind nebensächlich, die Wassertemperatur sollte im Bereich von 22-24°C liegen, wenngleich zeitweise höhere oder auch leicht niedrigere Temperaturen vertragen werden. Das sollte aber kein Dauerzustand sein. Als Futter bevorzugen die Killis kräftige Nahrung, also Frost- und Lebendfutter, akzeptieren aber auch Trockenfutter.
Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH