Raritäten & Neuimporte im Fokus 454

Raritäten & Neuimporte im Fokus 454

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

Hemirhamphodon tengah

Panque suttonorum ( = P. suttoni)
In den 1980er Jahren war der Blauaugen-Panaque einer der häufigsten Harnischwelse im Handel. Der korrekte Name lautet übrigens Panaque suttonorum. Aus unbekannten Gründen sind die Tiere heutzutage kaum noch erhältlich. Es gibt eine Menge Gerüchte, die besagen, eine Umweltkatastrophe sei schuld oder dass ein Verrückter den Fluss vergiftet hätte oder dass die kolumbianische Drogenmafia das Fanggebiet kontrolliert. Sei dem, wie es ist, ausgestorben kann die Art glücklicherweise nicht sein, denn Aquarium Glaser bekommt gelegentlich einige wenige Exemplare aus Kolumbien. Die gezeigten schönen Tiere mit leuchtend blauen Augen sind ca. 18-22 cm lang. Die unterschiedlichen Schreibweisen des Artnamens (suttoni/suttonorum) beruhen auf der lateinischen Grammatik. Der Beschreiber der Art, Leonard P. Schultz, benannte die Art 1944 zu Ehren von Dr. und Mrs. Frederick A. Sutton, denen Schultz für ihre Gastfreundschaft in der Zeit, in der er im Lager der Lago Petroleum Corporation am Maracibo-See in Venezuela lebte, sehr dankbar war. Die Art wurde also zu Ehren von zwei Personen beschrieben, ergo muss der Genetiv plural angewendet werden, der auf -orum endet, während die Endung -i den Genetiv singular darstellt.

Corydoras reticulatus

Die Tiere auf den Fotos sind voll erwachsene Panzerwelse der Art Corydoras reticulatus aus Peru. Von der ähnlichen Art Corydoras sodalis unterscheidet sich C. reticulatus gut durch den tiefschwarzen Punkt in der Rückenflosse. Die Maximallänge von C. reticulatus liegt bei etwa 6-7 cm Gesamtlänge, also mit Schwanzflosse. Die Art stellt keine besonderen Ansprüche an die Pflege. Mittlere Wasserwerte, Temperaturen im Bereich von 22-26°C und sandiger Boden, Gesellschaft von Artgenossen: das sind die Eckdaten zur erfolgreichen Pflege. Eine Besonderheit dieser Art sind die extrem spitzen Flossenstacheln der Rücken- und Brustflossen, mit denen sie sehr leicht im Netz hängen bleiben. Das Risiko wird verringert (aber keineswegs ausgeschlossen), wenn man möglichst feinmaschige Netze verwendet. Besser ist es aber, diese Tiere mit einem großen Becher zu fangen.

Heros sp. Turquoise Lago Juá

Die Gattung Heros bedarf dringend der wissenschaftlichen Überarbeitung. Die aktuell fünf allgemein anerkannten Arten bilden nur einen kleinen Teil der inzwischen bekannten Populationen ab. Es ist oft kaum möglich, eine sichere Artbezeichnung zu wählen, weshalb in sehr vielen Fällen inzwischen einfach darauf verzichtet wird. Man nennt sie Heros sp. und fügt eine tatsächliche oder angenommene Herkunftsangabe dazu. So geschieht das auch im vorliegenden Fall. Der Lago do Juá ist der Mündungssee des Rio Tapajós nahe bei der Großstadt Santarem im Bundesstaat Pará in Brasilien. Von dort brachten schon in den 1990er Jahren Frank Warzel und Mitreisenden Tiere mit nach Deutschland (was damals völlig legal war!) und züchteten sie auch nach. Man nannte sie damals Heros sp. Tapajós. Über diese Fische wurde in Fachpresse mehrfach berichtet, der aktuellste Bericht erschien u.w. in der DCG-Info 11/2022, Seiten 282-290 von Uwe Werner. Türkisfarbene (oder Blaue) Heros sind ebenfalls schon eine Weile bekannt, ihre Herkunft ist allerdings nicht so ganz klar. Angeblich sollen sie aus dem Einzug des Rio Madeira stammen. Bei beiden Formen (also dem aus dem Tapajós und dem Blauen) zeigen die Männchen meist ein tiefrotes Wurm-Muster im Gesicht, Weibchen haben dort i.d.R. keine Zeichnung. Aquarium Glaser hat aktuell sehr schön gefärbte, bereits in früher Jugend farbige Heros als „Turquoise Lago Juá“ von einem europäischen Züchter. Die fotografierten Tiere sind 7-9 cm lang, Heros-Arten erreichen durchwegs 15-20 cm Länge. Erstmals bekamen sie von diesem Züchter im April 2023 solche Fische. Sie wissen nicht, ob es sich dabei um eine Selektionszucht oder eine reine Wildform handelt; aus dem Rio Tapajós sind übrigens inzwischen zwei unterschiedliche Heros-Formen bekannt geworden. Auffällig ist jedoch, dass die Männchen der „Turquoise Lago Juá“ große rote Punkte im Gesicht haben und kein Wurmlinien-Muster, wie es bei den beiden anderen Heros aus dem Tapajós und auch bei dem „Blauen Heros“ aus dem Madeira auftritt. Heros sp. Turquoise Lago Juá sind jedenfalls wunderschöne Fische. Pflege und Zucht entsprechen denen von anderen Heros der Region, man bietet also grundsätzlich relativ hohe Temperaturen (28-32°C) und klares, sehr sauberes Wasser, das zumindest zur Zucht weich und leicht sauer sein sollte. Heros brauchen einen hohen Anteil pflanzlicher Kost im Futter, das ist unbedingt zu beachten. Heros-Arten sind als Klassiker in der Aquaristik seit über 100 Jahren permanent vertreten, so dass es reichlich gute Fachliteratur über diese Fische gibt.


Hemirhamphodon tengah

Eine Herausforderung für Kenner und Könner ist dieser niedliche Halbschnabelhecht von der Insel Borneo. Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Meinung, Halbschnabelhechte seien Brackwasserfische, kommen Hemirhamphodon ausschließlich in sehr weichem und saurem Wasser vor. Häufige Begleitfische sind Schokoladenguramis und kleine Rasbora-Arten. Während die anderen Arten der Gattung Hemirhamphodon lebendgebärend sind, ist H. tengah als ganz große Ausnahme in der Gattung ein eierlegender Fisch. Die Zucht ähnelt in vielen Dingen der von haftlaichenden Aphyosemion-Arten. Die Weibchen laichen gerne in Javamoos, Fasertorf oder auch Laichmops ab. Diese strikten Oberflächenfische sind nicht sehr wählerisch in der Futterannahme, fressen jedoch nie vom Boden. Also reicht man Flockenfutter und diverse Lebendfuttersorten, wobei kleine Fruchtfliegen (Drosophila) besonders begehrt sind. Die Maximallänge von H. tengah liegt bei etwa 6 cm. Lexikon: Hemirhamphodon: aus dem Altgriechischen, bedeutet in etwa „mit Zähnen auf dem Halbschnabel“. tengah: nach der Provinz Kalimantan tengah auf Borneo, wo die Art zuerst gefunden wurde.

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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