The Art of the Planted Aquarium: Ursprung und Besonderheiten

The Art of the Planted Aquarium: Ursprung und Besonderheiten
Jurijs auf der Heimtiermesse Hannover
Jurijs auf der Heimtiermesse Hannover

In diesem Artikel der Reihe Aquascape im Aquarstik Fachmagazin möchte ich auf den Ursprung und die Besonderheiten des Wettbewerbes „Die Kunst der Pflanzen-Aquarien“, besser bekannt als „The Art of the Planted Aquarium“, eingehen. Dieser findet traditionell im Rahmen der Heimtiermesse Ende Januar in Hannover statt und hat sich seit 2008 als eine feste Institution für Aquariengestalter aus ganz Europa etabliert. Irrtümlich von einigen als Weltmeisterschaft im Aquascaping verstanden, handelt es sich dabei um einen überwiegend deutschen Wettbewerb, bei dem regelmäßig auch Teilnehmer aus den Europäischen Nachbarländern antreten. Das besondere dabei: Die Aquarien müssen vor Ort ausgestellt und nicht wie bei zahlreichen anderen Wettbewerben via Foto eingeschickt werden. Das ist für viele Teilnehmer eine un überwindbare Hürde, macht es aber auch zu etwas Besonderem, weil so jeder der Teilnehmer möglichst gleiche Voraussetzungen hat.
Als Weltmeisterschaft anerkannt und durch die Teilnehmerzahlen bestätigt, kann nur der IAPLC Wettbewerb angesehen werden, bei dem mehr als 2000 Arbeiten von Teilnehmern aus über 50 Ländern vertreten sind. Der Wettbewerb in Hannover versteht sich als international offener deutscher Wettbewerb im Einrichten von Aquarien vor Ort. Dieser ist von seinem Umfang einmalig und kann deshalb als größter seiner Art in Europa angesehen werden.
Doch zurück zu den Anfängen: Im Jahr 2008 fand der erste Einrichtungs-Wettbewerb, organisiert von Harald SOßNA unter der Schirmherrschaft des Tetra-Verlages statt. Dies kann auch in der 200. Jubiläumsausgabe des „Aquaristik-Fachmagazins“ nicht nur nachgelesen, sondern auch nachgeschaut werden, dem Magazin liegt eine DVD bei. Alternativ findet man die Videos der damaligen Fernsehsendung auch unter dem Suchbegriff „Aquaristik-Fachmagazin“ bei youtube. Heute ist der Wettbewerb überaus populär; namhafte Sponsoren wissen ihn sehr zu schätzen und unterstützen bereitwillig. Die Qualität der Aquarien hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert. Wenn sie früher vor Ort mit „frischen“ Pflanzen gestaltet wurden und oft improvisiert wirkten, so haben viele Teilnehmer mittlerweile Aufzuchtbecken extra für diesen Wettbewerb stehen, um Pflanzen in bester Qualität, Größe und Menge zur Verfügung zu haben. Andere wiederum richten ihr Becken schon vorher zuhause ein und lassen einige Monate Entwicklungszeit zu, um es dann auseinander und auf der Messe wieder zusammen zu bauen. Durch diese Technik wirken die Aquarien so, als ob sie schon lange Zeit eingerichtet gestanden hätten und der Zuschauer merkt gar nicht, dass die Becken erst vor Ort erneut eingerichtet wurden. Ganz findige Aquascaper bringen komplette Teile von Layouts in Plastikkisten oder auf Filtermatten vorgezogen zur Messe; das erleichtert die Arbeit vor Ort und ermöglicht es, besonders eindrucksvolle Aquarien zu präsentieren.
Ursprünglich gab es nur eine Kategorie, doch seit  einigen Jahren kam der Nano-Wettbewerb und ganz neu ab 2013 auch einer für Terrarien hinzu. Bei der seit einigen Jahren  stattfindenden Nano-Kategorie sind die Beckenmaße im Vorfeld bekannt, so dass es sich anbietet, die Aquarien gleich fertig  eingerichtet von Zuhause mitzubringen, was viele Teilnehmer auch tun. Als einer der ersten Aquascaper in Deutschland habe ich das Geschehen auf der Heimtiermesse in Hannover selbstverständlich seit Jahren beobachtet, jedoch 2012 zum ersten Mal aktiv mitgemacht.

 

Mit verschiedenen Hilfsmitteln wird das Becken perfekt inszeniert
Mit verschiedenen Hilfsmitteln wird das Becken perfekt inszeniert

An dieser Stelle möchte ich von meinen Vorbereitungen damals und heute erzählen: Es ist Sommer 2011, der Organisator Harald SOßNA bittet mich darum, für den bevorstehenden Wettbewerb 2012 Werbung in internationalen Internetforen und sozialen Netzwerken zu machen, als Dankeschön bietet er mir an, ohne Teilnahmegebühr selbst starten zu können. Nach kurzer Überlegung stimme ich zu. Durch die entstandene Win-Win-Situation gewinnt der Wettbewerb an internationaler Bekanntheit und ich fange an, mich auf meine erste aktive Teilnahme vorzubereiten. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon viele Naturaquarien eingerichtet, jedoch noch keines davon in Einzelteilen über 400 km weit transportieren und innerhalb von 24 Stunden neu aufbauen müssen. Jetzt kommen die Hausaufgaben, ich studiere die Arbeiten der vorherigen Jahre um den Geschmack der Jury zu treffen und um herauszufinden, welche Gestaltungsrichtungen sich hierfür am besten eignen und praktikabel erscheinen. Es folgen Telefonate mit anderen Teilnehmern und langsam entsteht nicht nur ein Plan von einem Layout, sondern auch eine Liste von dem, was vor Ort unbedingt benötigt wird. Um dem gewonnenen Vorteil in etwas Gutes umzusetzen, entscheide ich mich, das Aquarium nach dem Wettbewerb einer wohltätigen  Organisation zu übergeben. Das bringt nicht nur dem Vorhaben ein gutes Motto (Scapen für einen guten Zweck), sondern auch weitere Sponsoren, ich bringe lediglich meine Zeit und mein Können ein und bewirke damit Gutes. So schön kann Aquascaping sein. An dieser Stelle möchte ich folgenden Sponsoren von damals noch einmal herzlich danken: Aqua-Rebell, AquaScapingWorld, Garnelenhaus, TMS Event, Tropica, Tom Barr, Dennerle, Eheim, das aquarium und Pflanzenkölle.
Das Layout baue ich bei einem Kunden auf und lasse es dort zwei Monate wachsen. Als die Zeit gekommen, ist nehme ich das Becken vorsichtig auseinander und lege alle Pflanzen in große Plastikwannen. Mit Küchenpapier abgedeckt, das mit Wasser eingesprüht wird, bleiben die Pflanzen beim Transport unbeschädigt. Mit auf die Reise nehme ich eine ausreichende Menge frisches Aquasoil und sauberen Kies, denn trocken richte ich am liebsten ein. An  Werkzeugen nehme ich Sandflattener und einen breiten Pinsel zum Modellieren des Bodengrundes, eine Auswahl an Pinzetten zum Setzen der Pflanzen, eine Schlauchschere zum Anschließen des Filters, einen feinmaschigen Kescher, um schwimmende Pflanzenteile zu entfernen, sowie einen Klingenreiniger für die Innenseite der Scheiben. Außerdem im Gepäck sind mehrere Meter Schlauch und Eimer zum Wasserwechseln, mehrere Rollen Küchenpapier, Glasreiniger und Hintergrundbeleuchtung – das Becken soll ja auch von außen makellos sauber sein. Zum Schluss die Geheimwaffen: BioMagnet und Chlor-Off. Kurz nach dem Einrichten können kleine Schwebeteilchen das Wasser trüben, außerdem weiß man nie, welches Leitungswasser einen vor Ort erwartet, mit diesen beiden Mitteln sorgt man optimal vor. Zudem verwende ich ein spezielles Feinfilterflies, das ich zwischen den Filterkörben und um den Einsaugkorb des Außenfilters anbringe, um ein kristallklares Wasser am Bewertungstag zu erhalten. Außerdem nehme ich eine CO2 Anlage mit; diese hilft mit einem Schuss Dünger, die Pflanzen über Nacht zu entknittern, und sorgt außerdem dafür, dass die Pflanzen am nächsten Tag (das Licht brennt durchgehend) komplett mit Sauerstoffbläschen benetzt sind und so möglichst gesund und kräftig aussehen. Kurz vor der Bewertung entferne ich die dann verzichtbare Technik, um den Blick der Jury vom Inhalt nicht abzulenken.
Am Ende reicht es für einen Platz unter den Top 10, die Konkurrenz ist stark, die beiden Gewinner der vorherigen Jahre befinden ich direkt neben mir und einige wenige Punkte mehr machen den Sieger. Ich bin mehr als zufrieden mit dem Ergebnis, es ist mein erstes  Mal und wenn ich bedenke, dass einige Teilnehmer ihre Becken mehr als doppelt oder drei Mal so lange im Voraus vorbereitet und geplant haben, kann ich sogar von Glück reden. Das Ausstellungsaquarium aus dem Wettbewerb darf ich umsonst mitnehmen, denn es soll nach einer ausreichenden Einlaufzeit, wie geplant, einer wohltätigen Organisation übergeben werden. Hierfür habe ich das Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden ausgesucht, das dieses Geschenk gern angenommen hat.

Heimtiermesse3

 

Wurzeln können mit Bohrer und Schrauben angepasst werden
Wurzeln können mit Bohrer und Schrauben angepasst werden

Soviel zum vergangenen Jahr; wie nicht anders zu erwarten, war am 21.12.2012 nicht das Ende der Welt, und so findet vom 25. bis 27. Januar 2013 der nunmehr sechste Wettbewerb in Hannover statt. Ich bin wieder dabei, doch diesmal nur in der Nano-Kategorie. Exklusiv zeige ich hier die Entstehung des Nano-Cubes, das neue Gestaltungsmöglichkeiten demonstrieren soll. Wie in jedem meiner Aquarien, die in Kürze entstehen sollen, verwende ich die Schnellstartkomponenten von ADA-Bacter 100, Clear Super und Tourmaline BC. Anschließend folgt der Steinaufbau; dieser muss nicht perfekt sein, weil er später kaum sichtbar sein wird. Als Bodengrund verwende ich Aquasoil Amazonia. Neben zwei Cryptocoryne lutea kommt hier nur Marselia hirsuta als Bodendecker zum Einsatz. Insgesamt fünf Töpfchen Anubias barteri nana ‘petite’ verteile ich zwischen den Steinen. Jetzt folgt der interessante und spannende Teil, die Wurzel! Diese habe ich auf der Heimtiermesse in Berlin entdeckt und gleich mitgenommen. Zuerst sollte diese flach verwendet werden, doch als ich sie in ein kleines Nano-Becken zum Wässern legen wollte, merkte ich, dass sie sich in beliebiger Höhe einklemmen lässt. So kam mir die Idee, einen unterspülten Uferbereich zu gestalten. In einer aufwendigen Prozedur wurden die beiden Baumstämme ausgehöhlt und alle Wurzelteile mit geraden Spitzen wurden mit einer Zange so bearbeitet, dass sie natürlich  abgebrochen aussehen. Die perfekte Wurzel gibt es eben nicht, aber man kann sich eine passend machen. So habe ich an bestimmten Stellen Teile abgebrochen und an anderen wieder welche eingeklemmt oder geschickt angeschraubt, um den gewünschten

Die bepflanzte Wurzel kann vor Ort an die richtige Stelle positioniert werden
Die bepflanzte Wurzel kann vor Ort an die richtige Stelle positioniert werden

Effekt zu erreichen. Wichtig: Verwenden Sie im Aquarium nur Edelstahl- oder Kunststoffschrauben. In die Zwischenräume wurde wahlweise Korallenmoos oder Fissidens fontanus eingeklemmt, für Kontraste sorgten kleine Anubias-Ableger. Zwischen den Baumstämmen war ausreichend Platz für zwei Töpfe Hemianthus calitrichoides ‘Cuba’ und die ausgehöhlten Baumstämme wurden mit Pogostemon erectus bepflanzt. Diese Pflanzen sollen später aus dem Wasser herauswachsen. Jetzt muss die Wurzel nur noch über dem Steinaufbau im Aquarium eingeklemmt werden. Das fertige Ergebnis können Besucher der Heimtiermesse in Hannover im Rahmen des sechsten Wettbewerbs „The Art of the Planted Aquarium“ bestaunen. In der nächsten Ausgabe des „Aquaristik-Fachmagazins“ werde ich ausführlich von der Messe berichten und die Ausstellungsaquarien gebührend vorstellen.

Quelle: Jurijs Jutjajevs, Aquaristik Fachmagazin, Ausgabe 229

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