Pandemie, Krieg und Energiekrise: Die globalen Ereignisse der vergangenen Jahre haben auch in der Aquaristik hohe Wellen geschlagen. Die Nachfrage ist seitdem im Wandel, die Wertschöpfungskette muss darauf reagieren. Allerdings ist die große Party nun wohl erstmal vorbei, der Markt scheint satt. Mehr als ein Fünftel aller deutschen Aquarien wurden zwischen 2020 und 2022 gekauft.
Als die Corona-Pandemie Anfang 2020 die Welt in Angst versetzte, zogen sich auch in Deutschland die Menschen ins Private zurück. So mancher erfüllte sich damals den Wunsch nach einem eigenen Aquarium. Gab es im Jahr 2019 laut einer vom Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) und Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) in Auftrag gegebenen Studie noch rund 1,6 Millionen Aquarien in deutschen Haushalten, waren es 2022 rund 2,3 Millionen. Man darf also durchaus von einem Boom sprechen.
Was erstmal einfach wie ein gutes Geschäft klingt, war tatsächlich aber nicht ganz so einfach, wie sich das im Rückblick angesichts der nackten Wachstumszahlen darstellt. So manche Fachhändler und Lieferanten mussten sich mächtig strecken, um mit der hohen Nachfrage Schritt zu halten. Auf den gestiegenen Bedarf trafen gleichzeitig erhebliche Störungen der globalen Lieferketten.
Schwierige Logistik
Meldungen von geschlossenen Häfen in China, querliegenden Containerschiffen im Suezkanal oder Staus vor westlichen Handelshäfen trieben damals vielen Disponenten den Schweiß auf die Stirn. Die Schwierigkeiten im weltweiten Handel führten obendrein dazu, dass die Logistikkosten förmlich explodierten, was wiederum an den Margen knabberte. Es war also lang nicht alles eitel Sonnenschein.
Dass das mit der Nachfrage nicht immer so weiter gehen konnte, war allen Marktteilnehmern klar. Irgendwann musste schließlich fast jeder, der sich für das Hobby interessiert, mindestens ein Aquarium haben. Dann kamen der Krieg in der Ukraine und die energiepreisgetriebene Inflation, was neue Verwerfungen mit sich brachte – nach der Corona-Welle jetzt die Ukraine- Flaute.
Fische werden nachgekauft
Nicht alle Unternehmen aus der Aquaristik trifft das gleichermaßen. Die Aquarien sind verkauft und stehen in den Haushalten, aber die Fische darin leben natürlich nicht ewig. Mit anderen Worten: Das große Geschäft im Zubehörbereich ist erstmal gemacht, jetzt werden vor allem Fische nachgekauft. Dennoch sind auch dort die Großhändler von den politischen und wirtschaftlichen Umständen betroffen.
„Die Leute halten sich zurück“, sagt etwa Laura Trappmann vom Zierfischgroßhandel G. Höner im nordrhein-westfälischen Hiddenhausen. Trappmann spürt Unsicherheit bei den Menschen angesichts der aktuellen Lage, die Menschen kauften vorsichtiger, sagt sie. Die Nachfrage sei nicht mehr ganz so stark wie während der Corona-Zeit, dafür hätten sich aber die Einkaufskonditionen verbessert. Die Frachtkosten sind wieder gefallen und der Euro steht wieder besser dar, ein für das Importgeschäft wichtiger Faktor.
Energiepreisschock wirkte auch in Aquaristik
Auch Bernd Schmölzing im oberfränkischen Sonnefeld hat seit 2020 mit seinem Zierfischgroßhandel EFS einigen Seegang erlebt. Zurzeit liege das Geschäft über dem Niveau von 2019, sagt er. Die Neu-Aquarianer hätten nach Corona eben nicht aufgehört mit dem Hobby. Allerdings hätten sich doch einige Dinge geändert.
Denn auf den Energiepreisschock folgte in der Aquaristik eine Phase, in der sich Kunden mehr für solche Tiere interessierten, die eher moderate Wassertemperaturen mögen, etwa Neon-Blauauge oder Kardinalfisch. Schließlich sei der Heizer der größte Stromverbraucher in einem Aquarium, sagt Schmölzing.
Großhandel reagiert
EFS reagierte auf die veränderte Nachfrage, gab beispielsweise einen Flyer mit dem Titel „Coole Exoten“ raus mit Informationen über dutzende Arten, die sich für ein Aquarium mit reduzierten Betriebskosten eignen. Laura Trappmann erzählt, dass ein Einzelhändler und Kunde sogar im eigenen Geschäft eine Veranstaltung zu dem Thema organisiert habe.
Lang angehalten hat das aber alles nicht. Energiesparen sei nur ein kurzer Trend gewesen, so Schmölzing. „Das ist schon wieder abgeflaut.“ Trappmann bestätigt das: „Das setzt sich nicht durch.“ Im Trend liegen jetzt vielmehr Garnelen und Bettas.
Bettas und andere Arten
Gerade bei letzteren beobachtet Bernd Schmölzing bei den Hobbyisten eine Entwicklung: „Endlich werden auch andere Fische dazu gesetzt.“ Als er anfing vor vielen Jahren sei es üblich gewesen, einen Betta allein im Becken zu halten. Mittlerweile wüssten die Kunden aber, dass ein Betta-Männchen gut mit anderen Arten gehalten werden kann.
Dass Garnelen mittlerweile für viele Aquarianer eine echte Alternative darstellen, bestätigt auch Laura Trappmann. „Die gehören fest zum Standard- Sortiment“, sagt sie. Bei EFS in Oberfranken betreibt Bernd Schmölzing allein rund 250 Aquarien mit 30 Garnelenarten.
Da die Krebstiere eine relativ geringe Lebenserwartung haben, bringt die Liebe zu diesen Tieren eine stete Nachfrage mit sich. Tendenz steigend: Der Studie von ZZF und IVH zufolge spielten im vergangenen Jahr immerhin noch 300.000 Haushalte mit dem Gedanken, sich ein Aquarium zuzulegen. Das birgt auch für die Zubehör-Anbieter Hoffnung.