Raritäten & Neuimporte im Fokus 286

Raritäten & Neuimporte im Fokus 286

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

oben links: Cherax warsamsonicus (sp. Hoa Creek)
Eine Cherax-Art, die schon seit vielen Jahren (mindestens seit 2008) einigermaßen regelmäßig gepflegt und gezüchtet wird, ist Cherax sp. „Hoa Creek“, manchmal auch als C. sp. „Irian Jaya“ oder C. sp. „Red Coral“ bezeichnet. Die exakte Herkunft dieser Tiere war lange Zeit aber völlig unbekannt, in den Handel kamen sie oft auch gemischt mit anderen Formen, was den Eindruck erweckte, es handele sich um eine sehr variable Art. Als 2015 die Art Cherax pulcher/gherrardii (beides ist wohl das selbe und wurde ursprünglich im Handel als C. sp. „Blue Moon“ bezeichnet, der Name C. pulcher hat Priorität) beschrieben wurde, glaubte man zunächst, der „Hoa Creek“ gehöre auch zu dieser Art.
Doch wurde im März 2017 der „Hoa Creek“ als eigenständige Art beschrieben, nachdem es endlich gelungen war, die exakte Herkunft der Tiere zu klären. Sie sind nach Angabe der Autoren endemisch (kommen also ausschließlich dort vor) im Einzug des Warsamson-Flusses, der sich im westlichen Teil der Vogelkop-Halbinsel (Kepala Burung) befindet. Die Vogelkop-Halbinsel gehört zu Irian Jaya, also Indonesien. Nach dem Fluss heißt die Art nun wissenschaftlich Cherax warsamsonicus Lukhaup, Eprilurahman & von Rintelen, 2017. Die wissenschaftliche Orginalbeschreibung ist kostelos zugänglich: https://zookeys.pensoft.net/article/11847/ Die nächstverwandte Art ist Cherax misolicus Holthuis, 1949.

oben rechts: Betta simplex
Dieser kleinbleibende (5-6 cm) Maulbrüter aus Thailand erweitert die schöne Palette interessanter Betta-Wildfänge. Betta simplex ist ein enger Verwandter der Arten Betta picta von Java, Betta falx von Sumatra und Betta taeniata von Borneo. Alle diese Arten hatten wohl einen gemeinsamen Vorfahren.
Die Männchen der genannten Betta-Arten erkennt man an einem breiten blauen oder grünen Saum (rötlich bei B. falx) entlang der Afterflosse und der Schwanzflosse, der den Weibchen weitgehend fehlt.
Die B. simplex auf den Fotos sind gerade ausgewachsen und in diesem Alter besonders schön. Anders als viele andere Betta-Wildformen brauchen B. simplex kein weiches Wasser. Im Gegenteil, sie kommen aus einem Gebiet im Süden Thailands (bei Krabi), wo Kalkgestein vorherrscht. Untereinander sind sie, wie die meisten maulbrütenden Betta-Arten, ziemlich friedfertig, so dass problemlos auch mehrere Männchen gemeinsam in einem Aquarium gepflegt werden können. Das Becken sollte allerdings gut strukturiert sein und reichen Pflanzenwuchs aufweisen.

unten links: Crenicichla sp. „Belly Crawler“
Die Gattung Crenicichla stellt bereits jetzt mit 139 wissenschaftlich beschriebene Arten, von denen 93 allgemein als gültige Arten anerkannt sind, die größte aller Buntbarschgattungen dar. Hinzu kommen noch eine große Anzahl aquaristisch bereits bekannter, wissenschaftlich jedoch noch nicht bearbeiteter Arten.
Zu den letzteren gehört der „Belly Crawler“ (= Bauchrutscher), eine Art aus strömungsreichen Bereichen im Rio Meta-Einzug in Kolumbien. Wie bei so vielen strömungsliebenden Buntbarschen ist beim Belly Crawler die Schwimmblase stark reduziert, was es den Fischen unmöglich macht, im freien Wasser zu schweben. Aber das brauchen sie ja auch nicht.
Wissenschaftlich gesehen gehört der Belly Crawler in die unmittelbare Verwandtschaft von Crenicichla sedentaria aus Peru, der jedoch völlig normal schwimmt, aber ähnlich aussieht, und C. geayi aus dem Orinoko-Einzug in Kolumbien und Venezuela. Letzterer lebt bodennah, kann aber noch normal schwimmen.
Crenicichla sp. „Belly Crawler“ wird ca. 23 cm (Männchen) bzw. 18 cm (Weibchen) lang. Die Geschlechter kann man sehr leicht an der Rückenflossenfärbung unterscheiden, das Weibchen hat dort einen runden Fleck, der dem Männchen fehlt. Wie fast alle Crenicichla kann die Art als relativ zänkisch charakterisiert werden, aber das Kämpfen beschränkt sich meist auf ein eindrucksvolles Drohen mit weit aufgerissenem Maul und abgesenktem Kiemenboden. Die Art ist – Crenicichla-typisch – ein Höhlenbrüter mit Elternfamilie.


unten rechts: Pseudocrenilabrus philander dispersus

Als 1902 der Kleine Maulbrüter Pseudocrenilabrus multicolor aus Ägypten nach Deutschland kam, löste er einen Begeisterungssturm aus. Die Maulbrutpflege, die bei dieser Art noch lange über das erste Entlassen der Jungtiere aus dem mütterliche Maul hinaus andauert, war einfach nur wundervoll zu beobachten.
Etwas später – 1911 – kam ein ähnlicher, etwas größer werdender Fisch (5-6 cm bei P. multicolor, 6-8 cm bei dem Neuimport) nach Deutschland, der als Messingmaulbrüter oder Pseudocrenilabrus philander dispersus im Hobby bekannt wurde. Er ist wesentlich hübscher, aber genau so leicht zu pflegen und zu züchten.
Dieser Fisch wurde 1990 erneut wissenschaftlich untersucht, wobei man feststellte, dass er nicht mit P. philander dispersus übereinstimmt. Darum wurde er als P. multicolor victoriae neu beschrieben. Seither schwimmt der Messingmaulbrüter unter beiden Bezeichnungen in den Aquarien der Welt. Erst in allerjüngster Zeit hat man entdeckt, dass es sehr, sehr viele wissenschaftlich noch unbearbeitete Pseudocrenilabrus-Arten gibt. Wir sollten abwarten, bis sie abschließend bestimmt sind, dann wissen wir vielleicht auch, wie man den Messingmaulbrüter richtig bezeichnen sollte.
Im Aquarium ist er ein herrlicher Fisch, der nicht nur sehr hübsch gefärbt ist, sondern auch Pflanzen schont und aufgrund seine relativ geringen Körpergröße keine übermäßig großen Aquarien braucht. Allerdings sollte man das Aggressionspotential der kleinen goldenen Flitzer nicht unterschätzen! Zarte, empfindliche Fischarten sollte man darum nicht gemeinsam mit dem Messingmaulbrüter pflegen.

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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