Raritäten & Neuimporte im Fokus 310

Raritäten & Neuimporte im Fokus 310

Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.

oben links: Apistogramma hongsloi Red Line
Apistogramma hongsloi aus Kolumbien und Venezuela gehört zur so genannten macmasteri-Gruppe innerhalb der Gattung Apistogramma. A. hongsloi fällt durch den ausgesprochen hochrückigen Körperbau auf. Farblich ist der rote Bauchstreifen, der zu der nichtwissenschaftlichen Zusatzbezeichnung „Red Line“ im Hobby führte, besonders auffällig.
Obwohl die Art nicht unbedingt häufig im Zoofachhandel zu finden ist, wird sie seit Anfang der 1980er Jahre kontinuierlich gezüchtet. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass Wildfänge aufgrund der schwierigen politischen Situation in den Ursprungsländern nur sehr selten zur Verfügung stehen. Zudem ist der Fisch nicht nur hübsch, sondern auch vergleichsweise robust, so dass er immer Abnehmer findet.

oben rechts: Macropodus spechti
Erneut gelang Glaser der Import einer nicht klar zuzuordnenden Macropodus-Form aus Vietnam. Leider lässt sich über den ursprünglichen Fundort nichts in Erfahrung bringen. Vor einigen Jahren gab es ähnliche Tiere, ebenfalls aus Vietnam, die jedoch einen starken Bronzeglanz am Körper hatten, der den jetzigen Importen fehlt.
Im Gegensatz zu „normalen“ Macropodus spechti sind die aktuellen Importtiere heller in der Grundfärbung, haben längere Bauchflossen und einer eher gelbe (statt rote) Iris. Da die Schwarzen Makropoden insgesamt eher Fließwasserbewohner sind, könnte es sich um eine speziell angepasste, in Bächen lebende Form handeln. Wir sind sehr gespannt, wie die Nachzuchttiere dieser ungewöhnlichen Schwarzen Makropoden wohl aussehen werden. Man sollte sie jedenfalls unbedingt getrennt von weiteren Populationen von Macropodus spechti unterbringen, pflegen und züchten, denn es ist keineswegs ausgeschlossen, dass es sich um eine andere Spezies handelt.

unten links: Brachygobius doriae
Brachygobius doriae wurde und wird immer wieder mit B. xanthozonus verwechselt. Auch Glaser hat sie unter dieser Bezeichnung erhalten, weil sie in fast allen Aquarienbüchern und Websites so genannt wird. B. xanthozonus hat jedoch mehr als 50 Schuppen in der Längsreihe (diese Tiere haben etwas über 30); es ist sehr fraglich, ob die „echte“ B. xanthozonus überhaupt schon jemals im Aquarium gepflegt wurde. Glasers aktuellen Importe stammen aus Thailand.
Brachygobius doriae wird nur 3,5 cm lang und passt darum hervorragend in kleinere Aquarien. Etwas Salzzusatz (1-2 Gramm pro Liter) tut den Tieren gut, ist aber nicht unbedingt notwendig. Es handelt sich um eine brutpflegende Art, bei der das Männchen den Laich, der an eine Höhlenwand oder dergleichen geheftet wird, bis zum Schlupf der Larven bewacht. Danach endet die Brutpflege.
Lexikon: Brachygobius: latein, bedeutet „kurze Grundel“. doriae: Widmungsname für den Sammler der Art, den Marquis J. Doria. xanthozonus: latein, bedeutet „mit gelben Binden“.


unten rechts: Corydoras venezuelanus „Orange“ und C. sp. „Venezuela Black“

So ein hübsches Fischchen und so eine hässlich Verwirrung um den Namen! Panzerwelse, die dem Metallpanzerwels, Corydoras aeneus, ähnlich sehen, gibt es in ganz Südamerika. Das sind jedoch mit Sicherheit verschiedene Arten, da ist man sich allgemein einig. Nur – wie sind sie richtig zu benennen? Ob der Panzerwels, der im Hobby und Handel derzeit als Corydoras venezuelanus „Orange“ bezeichnet wird, wirklich diese Art repräsentiert, ist mehr als fraglich. Denn C. venezuelanus wurde wissenschaftlich 1911 aus dem Río Cabriales beschrieben, der ganz im Norden Venezuelas entspringt und in den Valencia-See mündet. Von dort sind bislang keine lebenden Panzerwelse bekannt geworden. Die Panzerwelse, die als Corydoras venezuelanus „Orange“ bezeichnet werden, gehen hingegen auf Tiere zurück, die Hans-Georg Evers und Ingo Seidel 1992 in den Llanos des Orinoko in Venezuela gefangen und nach Deutschland mitgebracht haben. Das heißt nun zwar nicht zwingend, dass dies nicht die Art C. venezuelanus ist, aber die Erfahrung mit den geografischen Verbreitungsmustern anderer Metallpanzerwelse macht das eher unwahrscheinlich. In Venezuela/Kolumbien gibt es mehrere Arten von Metallpanzerwelsen. Das macht es bei Arten, die eine gewisse Handelsrelevanz haben, nötig, sie zu unterscheiden. Leider ist ausgerechnet ein Panzerwels, den es so in freier Natur gar nicht gibt, als C. sp. „Venezuela Black“ bezeichnet worden. In Wirklichkeit hat das Tier mit Venezuela nichts zu tun, sondern entstand als Zuchtform Anfang der 1990er Jahre in Deutschland. Weil diese Zuchtform jedoch auch orangefarbene Flossen hat und der sehr schöne Corydoras, den Evers und Seidel aus den Llanos von Venezuela mitgebrachten, ebenfalls orangefarbene Flossen besitzt, kam es zu Verwechslungen – und großem Ärger, wenn die „falsche“ Art nach einer Bestellung geliefert wurde. Irgendwann stieß dann jemand auf den Artnamen C. venezuelanus, der lange Zeit mit C. aeneus synoynmisiert war, und verwendete ihn für den Fisch aus den Llanos. Da der Fisch aus den Llanos sicher etwas anderes ist, als der „gewöhnliche“ Metallpanzerwels, fand der Vorschlag im Hobby große Zustimmung, auch wenn er aus wissenschaftlicher Sicht sehr fragwürdig und mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch ist. Aber, man muss auch das ganz klar sagen, der Zierfischhandel ist kein Naturkundemuseum und manchmal entwickeln Benennungen eine Eigendynamik. Wichtiger als eine wissenschaftlich korrekte Bezeichnung ist – vor allem, wenn eine solche gar nicht zur Verfügung steht – dass der Kunde weiß, was er bestellt.

Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH

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