Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierrarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.
Xiphophorus maculatus – Platy Bleeding Heart Mickey Mouse
Bleeding Hearts ( = Blutende Herzen) sind eine Zuchtform des Platys (Xiphophorus maculatus), die bereits in den 1940er Jahren von dem berühmten Genetiker Myron Gordon entwickelt wurde. Diese Zuchtform ist eine Kreuzung aus einer Platy-Wildform, nämlich dem ”Ruby-throat” ( = Rubin-Kehle), der im Rio Jamapa (in der Nähe von Veracruz sammelte Gordon seinen Ausgangsstamm) und im Rio Papaloapan in Mexiko vorkommt, und einer reinweißen Zuchtform, dem sogenannten ”Ghost-Platy”. Mit den frühen Bleeding Hearts haben die aktuellen Stämme noch viel gemeinsam. Da wäre z.B. der Sexualdichromatismus. Die Männchen der Bleeding Hearts sind erheblich intensiver als die Weibchen gefärbt, Alpha-Männchen sind fast flächig rot. Und immer noch haben Bleeding Hearts blaue Augen, wie ihre Vorfahren. Aber es gibt auch Unterschiede zu früher. Bei den frühen Stämmen waren die Weibchen reinweiß. Heutzutage haben auch die Weibchen der Bleeding Hearts rote Zeichnungselemente. Heute züchtet man Bleeding Hearts fast immer mit einer Micky-Maus-Schwanzstielzeichnung ( = moon complete), das gab es früher nicht.
Nandopsis haitiensis
Obwohl die aktuelle Klassifizierung der früher in Cichlasoma zusammengefassten Buntbarsche aus Mittelamerika nun auch schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, setzen sich viele Gattungsnamen doch nur recht schleppend im Hobby durch. Das hat seine Ursache natürlich vor allem darin, dass die Großcichliden Mittelamerikas gegenwärtig nur noch von einer Handvoll Spezialisten gepflegt und gezüchtet werden. Diese Fische brauchen nun einmal relativ große Aquarien, die sie gerne mal nach ihren eigenen Vorstellungen umräumen, und sind, wenn sie Jungbrut führen (was sie früher oder später immer tun), ziemlich schlecht auf Aquarienmitbewohner zu sprechen, in denen sie Fressfeinde für ihre Kinder zu erkennen glauben. Viele betrachten außerdem Pflanzen grundsätzlich als Nahrungsmittel, was einen abwechslungsreichen Unterwassergarten unmöglich macht. Wer sich jedoch auf diese Tiere einlässt und mit den genannten Eigenschaften klarkommt, der wird seine helle Freude an den ebenso charaktervollen wie auch in vielen Fällen farbenprächtigen, in jedem Fall aber imposanten Fischen haben.
In der Gattung Nandopsis befinden sich nur noch drei Arten, nachdem diese Gattung zuvor etwas weiter gefasst war. Diese drei Arten sind allesamt Top-Raritäten in der Aquaristik der Gegenwart: Nandopsis tetracanthus von Kuba, N. ramsdeni, ebenfalls von Kuba, und N. haitiensis, der ausschließlich auf der Insel Hispaniola vorkommt. Alle drei Arten sind große Buntbarsche, als Maximallänge für N. haitiensis werden 21,5 cm Standardlänge, also ohne Schwanzflosse, angegeben.
Hispaniola ist politisch zweigeteilt, im Westen heißt der Staat Haiti, im Osten befindet sich die Dominikanische Republik. Nandopsis haitiensis gibt es überall auf der Insel, sogar ab und zu im Brackwasser. Die Art ist farblich hochvariabel, systematische Untersuchungen darüber, ob diese Variabilität ökologisch bedingt ist, gibt es nicht. Die wegen ihrer wulstigen Lippen als eigenständige Art beschriebene N. vombergi gilt heute als Synonym zu N. haitiensis.
Bereits 1938 berichtete Erhard Roloff über die Pflege und Zucht selbst gefangener und mitgebrachter Exemplare. Es sind typische Offenbrüter mit Elternfamilie, die alle oben aufgeführten Eigenschaften haben. Interessanterweise färben sich geschlechtsaktive weibliche N. haitiensis fast völlig schwarz ein, während die Männchen dann in dezentem Silbergrau erstrahlen. Einen ausgezeichneten Zuchtbericht mit schönen Bildern erwachsener Tiere gibt es hier http://www.dcg-allgaeu.de/Arche_Nandopsis_haitiensis.html. Alle Nandopsis-Arten gelten als Jungfische als etwas empfindlich. Man sollte sich nicht durch ihr robustes Aussehen dazu verleiten lassen, sie für „harte Burschen“ zu halten. Oft werden sie wegen ihrer Krankheitsanfälligkeit bei hohen Temperaturen (26-28°C) gehalten, unbedingt nötig ist das aber nicht.
Schwarzschwingen-Zwergbeilbäuche, Carnegiella marthae und C. schereri
Zwei Arten Schwarzschwingen-Zwergbeilbäuche gibt es in Südamerika. Diese niedlichen Fische werden nur rund 3 cm lang. Beide Arten sind nach wissenschaftlichen Angaben sehr weit verbreitet (Brasilien, Ecuador, Kolumbien, Venezuela, Bolivien und Peru); beschrieben wurde Carnegiella marthae aus Venezuela (Caño de Quiribana, nahe Caicara) und C. schereri aus Peru (Caño del Chancho, nahe bei Pebas). Diese beiden Zwergbeilbäuche sind so eng miteinander verwandt, dass sie früher nur als Unterarten zueinander gesehen wurden. Dann hießen sie Carnegiella marthae marthae und Carnegiella marthae schereri. Man unterscheidet die beiden Arten sicher anhand der Bauchfärbung: C. schereri ist gepunktet, C. marthae fein liniiert.
Aus Peru und Kolumbien hat Aquarium Glaser gelegentlich Carnegiella schereri im Stock; diese Art wird allerdings meist als Jungtier von Gasteropelecus sternicla geschickt. Tatsächlich sieht Carnegiella schereri seinem deutlich größer werdenden Vetter farblich sehr ähnlich, aber man kann die Art immer zweifelsfrei erkennen, weil ihr, wie allen Carnegiella-Arten, die Fettflosse fehlt. Gasteropelecus haben hingegen immer eine Fettflosse. Aus Brasilien kommt hingegen Carnegiella marthae. Warum Aquarium Glaser angesichts der weiten Verbreitung beider Arten immer nur aus Brasilien C. marthae erhält, ist ein Rätsel.
Aquarium Glaser pflegt diese niedlichen Fische immer im Trupp von mindestens 6 Tieren. Das Aquarium muss absolut ausbruchsicher abgedeckt sein, sonst springen die Fische früher oder später heraus, weil sie nach kleinen Fluginsekten springen. Bei der Fütterung ist zu beachten, dass Carnegiella ihre Nahrung nur von der Wasseroberfläche aufnehmen. Am Boden liegendes Futter lassen sie liegen! Es ist wichtig, diese kleinen Tiere mehrmals täglich zu füttern, denn sie nehmen nie große Futtermengen auf einmal zu sich. Carnegiella sind vollkommen friedlich und dürfen niemals mit aggressiven oder hektischen Arten vergesellschaftet werden.
Pterosturisoma microps
Dieser interessante, etwa 20-25 cm lange Saugwels aus Peru sollte nur von wirklich erfahrenen Aquarianern gepflegt werden. Neben einigen ausgewachsenen Exemplaren konnten wir diesmal auch 4-7 cm lange Jungtiere importieren. Die Größe dieser Fische ist schwer anzugeben, weil man die weit über körperlangen Schwanzflossenfilamente nicht mitrechnen sollte, es in der Aquaristik aber üblich ist, die Schwanzflosse bei Längenangaben mitzuzählen. Bei erwachsenen Pterosturisoma microps sind die Schwanzflossenfilamente meist nicht vorhanden, wachsen im Aquarium aber wieder nach.
Pterosturisoma microps (es gibt nur die eine Art in der Gattung) ist sauerstoffbedürftig, braucht warmes Wasser (26-28°C), niedrige Keimbelastung und ist anspruchsvoll in der Fütterung. Die Tiere hassen es, auf Sand oder Kies zu liegen. Sie ziehen die senkrechten Aquarienscheiben vor. Wenn sie sich auf den Boden legen, dann auf Steine oder Wurzeln. Als Aufwuchsfresser müssen sie den ganzen Tag etwas zu futtern haben. Am besten eignet sich ein Geleefutter auf Agar- oder Gelatinebasis, das man flüssig (noch heiß) auf Steine streicht, die man nach dem Erkalten in das Aquarium legt.
Ein blanker Glasboden ist übrigens auch nicht gut für die Tiere, da sich hier mit der Zeit ein Bakterienrasen bilden kann, der Infektionen auf der Bauchseite der Fische auslösen kann. Am besten legt man den Aquarienboden mit flachen Steinplatten aus. Wenn die Tiere trotz guter Futteraufnahme immer dünner werden, ist wahrscheinlich die Darmflora geschädigt. Kot von gesunden, anderen Saugwelsen (z.B. Ancistrus) kann hier helfen und sollte vor allem in der Eingewöhnungsphase zur Verfügung stehen.
Alles in allem stellen Pterosturisoma microps eine wirkliche Herausforderung für Spezialisten dar.
Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH