Lerne neue Arten kennen oder entdecke alte Arten neu: In der Aquaristik gibt es immer wieder Tierarten zu erkunden. Viele sind wunderschön, unbekannt und nur selten im Handel zu finden. Mit Unterstützung der Zierfischgroßhändler aus der Fachgruppe des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe (ZZF) stellen wir dir jede Woche vier Arten vor. Darunter findest du auch viele Nachzuchten und ihre verschiedene Zuchtformen.
oben links: Poecilia mexicana Campeche
An den Wildmollys Mittelamerikas können sich wohl noch Generationen von Wissenschaftlern abarbeiten, ohne zu unstrittigen Ergebnissen zu gelangen. In jedem Bach sehen die Tiere anders aus und außerdem gibt es innerhalb jeder Population auch noch kleine, zierliche Frühmännchen, große, kräftige Spätmännchen und Männchen, die in ihren Proportionen irgendwo dazwischen liegen. So ist es keineswegs sicher, dass die Tiere, die Glaser derzeit erstmals als Nachzucht aus Südostasien anbieten kann, wirklich um P. mexicana oder um P. sphenops oder um P. limantouri handelt. Aber das ist ja auch eher nebensächlich, denn herrliche Tiere sind es auf jeden Fall.
Die Zusatzbezeichnung „Campeche“ – es handelt sich um den ursprünglichen Fundort dieser Population – sollte man aber unbedingt immer beibehalten, um unerwünschte Kreuzungen zu vermeiden.
Züchterisch stellen diese Fische eine echte Herausforderung dar. Im Gegensatz zu Black Molly, Silbermolly und Co. wachsen die Jungfische nämlich nur sehr langsam heran. Aber sie belohnen den Pfleger durch ihr lebhaftes Wesen und die tollen Farben. Das Farbwechselvermögen ist übrigens phänomenal. Binnen Sekunden wechseln die Tiere vom silbrigen Schlicht- und das blauschwarze Balzkleid. Bei Beunruhigung schalten sie die Farben sofort wieder aus. Aber die gute Nachricht ist: schon nach wenigen Tagen lassen sie sich kaum noch beunruhigen…
oben rechts:
Laetacara curviceps
Schon lange, bevor die Apistogramma-Arten populär wurden, eroberte ein anderer Zwergbuntbarsch aus Brasilien die Herzen der Aquarianer: Laetacara curviceps, der Tüpfelbuntbarsch. Damals nannte man ihn noch Aequidens curviceps. Seit einiger Zeit ist es leider still um ihn geworden. Die nachfolgenden Fotos zeigen wunderschöne Nachzuchten dieses kleinbleibenden, friedlichen und schönen Buntbarsches.
unten links: Hemigrammus ulreyi
Unter den zahlreichen Arten von Kleinsalmlern, die im Aquarium gepflegt und gezüchtet werden, fällt diese etwa 5 cm lang werdende Art besonders auf. Üblicherweise sind nämlich Arten mit einem Längsstreifenmuster eher schlank und zierlich, während hochrückige Arten, die wie Hemigrammus ulreyi gebaut sind, eher Schulter- oder Schwanzstielmuster (oder eine Kombination aus beidem) aufweisen. In der älteren Aquarienliteratur wurde H. ulreyi darum häufiger mit ganz anderen Arten verwechselt, vor allem der Dreibandsalmler, Hyphessobrycon heterorhabdus wurde so oft in der Aquarienliteratur als Hemigrammus ulreyi vorgestellt, dass er sogar die Populärbezeichnung “Falscher Ulreysalmler” bekam. Sicher hat zu der allgemeinen Verwirrung auch beigetragen, dass der Erstbeschreiber von Hyphessobrycon heterorhabdus eben jener Herr Ulrey war, zu dessen Ehren Boulenger ein Jahr nach der Beschreibung von H. heterorhabdus seine neue Art H. ulreyi benannte.
Albert Brennus Ulrey (1860-1932) war eigentlich Meeresbiologe, verfasste aber auch eine Arbeit über die Klassifizierung von Salmlern, die George Albert Boulenger (1858-1937), der damals einer der weltweit führenden Fischkundler und am British Museum tätig war, so außergewöhnlich nützlich fand, dass er einen neu entdeckten Salmler aus dem Mato Grosso in Brasilien zu Ehren Ulreys “Tetragonopterus ulreyi” nannte. Die Klassifizierung der kleinen Salmler ist bis heute nicht befriedigend gelungen. Früher, zu Boulengers und Ulreys Zeiten, nannte man noch alles “Tetragonopterus”, wovon sich bis heute die englische Populärbezeichnung “Tetras” für die Salmler ableitet. Vorrangig nach Bezahnungsmerkmalen, aber auch danach, ob und wie die Schwanzflosse beschuppt ist, unterscheidet man heute die Gattungen Astyanax, Moenkhausia, Hemigrammus, Hyphessobrycon und einige weitere; Tetragonopterus umfasst nur noch wenige, aquaristisch weitgehend bedeutungslose Arten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hemigrammus ulreyi nicht auf Dauer in der Gattung Hemigrammus verbleiben wird.
Die Pflege von Hemigrammus ulreyi, der als deutschen Populärnamen “Flaggensalmler” trägt, ist einfach und gelingt auch weniger versierten Aquarianern. Bezüglich der Zusammensetzung verträgt das Tier jedes Wasser, wie es in Deutschland aus der Trinkwasserleitung fließt. Da die Art im Einzug des Rio Paraguay in Brasilien und Paraguay (die fotografierten Fische sind Wildfänge aus Paraguay), also in subtropischen Bereichen lebt, ist sie gegen niedrige Wassertemperaturen genauso unempfindlich wie gegen hohe; zwischen 16 und 28°C darf die Wassertemperatur betragen, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass schnelle Temperatursprünge unbedingt zu vermeiden sind. Es wirkt sich sehr günstig auf die Vitalität und Fortpflanzungsbereitschaft aus, wenn man den Tieren jährlich einige Wochen im unteren Temperaturbereich (16-20°C) gönnt.
Kleine Salmler werden gerne pauschal als “Schwarmfische” bezeichnet. Tatsächlich sollte man den Flaggensalmler niemals einzeln pflegen, sondern in Gruppen von vier Individuen oder mehr. Allerdings schwimmen die Tiere nur sehr selten im Schwarm. Gefressen wird jegliches übliche Aquarienfischfutter, gegen artfremde Fische ist der “Broken Line” (= “unterbrochener Strich”), wie der schöne Fisch im englischsprachigen Raum genannt wird, vollkommen friedlich und auch Pflanzen werden nicht behelligt. Männchen sind etwas kleiner und schlanker als die Weibchen, die Geschlechtsunterschiede sind nur gering ausgeprägt. Der Flaggensalmler ist ein produktiver Freilaicher, der keinerlei Brutpflege betreibt.
unten rechts: Belonesox belizanus
Der Hechtkärpfling ist der einzige echte Raubfisch unter den lebendgebärenden Zahnkarpfen und eine der größten Arten noch dazu. Angeblich sollen große Weibchen an die 20 cm Länge erreichen können! Solche Giganten haben wir zwar noch nie gesehen, selbst 10 cm lange Weibchen (Männchen bleiben immer kleiner als die Damen) sind schon sehr beeindruckend, aber wer weiß…
Im Grunde genommen ist Belonesox nur eine zum Raubfisch verwandelte Gambuse. Und so verhält die Art sich auch. Untereinander sind sie also etwas zänkisch, ohne dass es zu schlimmen Kämpfen kommt. Allerdings fressen die Weibchen bei Gelegenheit ihre zierlichen Geschlechtspartner, wenn die Nahrung knapp wird. Da muss der Aquarianer aufpassen.
Die Fotos zeigen die Tiere als 4-5 cm lange Jungfische. In dieser Größe sind die Geschlechter noch nicht zu unterscheiden. Meist wachsen die Weibchen aber vor, so dass man am besten ein paar größere und ein paar kleiner Exemplare erwirbt, dann ist die Chance am größten, dass beide Geschlechter vertreten sind. Erwachsene Männchen (s.Fotos) kann man selbstverständlich leicht am Begattgsorgan (Goniopodium) erkennen.
Quelle: Frank Schäfer – Aquarium Glaser GmbH