Biotop-Aquarium: Ein Lebensraum wie in der Natur

Biotop-Aquarium: Ein Lebensraum wie in der Natur

Ein mittelamerikanischer Küstenbach, ein südostasiatischer Bachlauf oder eine Felsküste am afrikanischen Malawisee – solche Unterwasserlandschaften lassen das Herz vieler Aquarianer höher schlagen. Und manch einer hat nur einen Wunsch: Einen kleinen Ausschnitt eines solchen Biotops im eigenen Aquarium möglichst exakt nachzubilden.

Foto: FLH. – Gute Aquascaper schaffen es, aus einer Szenerie mit Laub am Boden und einigem Holz im Wasser einen richtigen Hingucker zu gestalten.

Die so genannte Biotop-Aquaristik gibt es schon sehr lange, sie erfreut sich aber gerade in letzter Zeit zunehmender Beliebtheit. Anders als bei einem klassischen Gesellschaftsbecken, in dem die Pflanzen und Tiere häufig aus ganz unterschiedlichen geografischen Regionen stammen, gibt es hier grundsätzlich nur Flora und Fauna aus einem klar definiertem Verbreitungsgebiet. „Die Natur ist bei der Biotop-Aquaristik das Vorbild. Die Aquarianer orientieren sich bei der Gestaltung ihrer Becken an den realen Gegebenheiten”, erläutert Heiko Blessin von der Fördergemeinschaft Leben mit Heimtieren e.V. (FLH). „Sowohl Süßwasser- als auch Meerwasser-Aquarien lassen sich auf diese Weise planen. In einem Biotop-Aquarium werden üblicherweise nur die Urform der Tiere gehalten. Zuchtformen mit Sonderfarben oder Schleierflossen findet man hier nicht.”

Strömung, Licht und Aquarienform

Hat man sich für ein bestimmtes Biotop entschieden, heißt es, sich zunächst einmal so viele Informationen wie möglich über die Region, deren Artenvielfalt und die Lebensbedingungen der Fische, Wirbellosen und Pflanzen zu besorgen. Natürlich wäre eine Studienreise toll, auf der man die Unterwasserlandschaft direkt Vorort erkunden könne. Die heimische Recherche tut es aber auch. Hilfreich sind der Austausch mit anderen Aquarianern, Fachliteratur und einschlägige Blogs oder das Gespräch im Fachhandel. Auch ein Blick in Google Bilder über die gewählte Region kann enorm helfen.

„Es liegt in der Natur der Sache, dass die in einem Biotop-Aquarium lebenden Arten, in Bezug auf Wasserwerte, Temperatur, Licht und Strömung die gleichen Bedingungen bevorzugen”, so Blessin. „Danach muss sich die Aquarientechnik wie Heizung, Beleuchtung, Pumpe und Filter richten.” Es ist ein entscheidender Unterschied, ob das Vorbild-Biotop beispielsweise ein Waldtümpel ist – von Bäumen beschattet und das Wasser durch die vielen hineingefallenen Blätter einen niedrigen pH-Wert aufweist – oder ein sonnendurchfluteter, sprudelnder Bach. Die eingesetzte Technik sollte immer möglichst gut versteckt werden, damit sie den natürlichen Eindruck eines Biotop-Beckens nicht stört.

Auch die Aquarienform und das Fassungsvermögen sind entscheidend bei der Umsetzung des ausgewählten Biotops. Standardaquarien bieten zumeist mehr Höhe und weniger Tiefe – viele natürliche Gewässer, an denen sich Aquarianer orientieren, sind jedoch eher flach. Es ist also zu überlegen, ob vielleicht nicht doch ein Sonderformat die richtige Wahl ist. Denn gerade eine große Grundfläche bietet für die Gestaltung mehr Möglichkeiten und den Fischen mehr Raum, um Reviere zu bilden. Die Höhe des Aquariums wird dann wichtig, wenn man es mit Bewohnern besetzen möchte, die auch in der Natur in unterschiedlichen Wasserschichten übereinander leben, oder das Biotop eine senkrechte Felswand ist. Soll der Ausschnitt eines Bachlaufs entstehen, ist wiederum ein nicht zu hohes, lang gestrecktes Becken ideal. Darin lässt sich eine intensive Strömung technisch einfach umsetzen.

Foto: FLH. – Die typischen Gestaltungsformen im Aquascaping lassen sich durchaus auch auf Biotop-Aquarien übertragen.

Einrichtung

Auch die Gestaltung des Aquariums orientiert sich an natürlichen Vorbildern. In schnell fließenden Bächen besteht die obere Schicht des Bodengrundes beispielsweise zumeist nur aus glatt geschliffenen Kieseln, in anderen Gewässern gibt es Sandböden und in manchen Seen leben die Fische direkt zwischen den Felsenriffen. Im Biotop-Aquarium wird versucht, den jeweiligen Bodengrund in Hinblick auf Material, Körnung und Farbe möglichst genau auszuwählen. Das hat sowohl optische als auch ganz praktische Gründe: Gerade Bodenbewohner sind mit ihrer Maulform und der Futtersuche an ihn angepasst. Auch die zur Dekoration oder zum Bau von Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten eingebrachten Wurzeln, Äste und Steine sollten dem gewählten Biotop entsprechen und dem Becken eine natürliches Aussehen verleihen.

Selbstverständlich haben auch Wasserpflanzen bestimmte, eingegrenzte Vorkommensgebiete. Üblicherweise wird man in der Natur aber längst keine so große Variationsbreite finden wie in den meisten Aquarien. Viele Flüsse sind sogar bis auf das Ufer komplett pflanzenfrei. „Dennoch ist auch in der Biotop-Aquaristik das Aquascaping, also das Entwerfen von optisch ansprechenden Szenerien, ein Thema”, sagt Blessin. „Die typischen Gestaltungsformen im Aquascaping – wie etwa das Arbeiten mit dem goldenen Schnitt oder mit Fluchtpunkten und Freiräumen – lassen sich durchaus auch auf Biotop-Aquarien übertragen. Gute Aquascaper schaffen es, aus einer Szenerie mit Laub am Boden und einigem Holz im Wasser einen richtigen Hingucker zu gestalten. Und genau das ist die Kunst!”

Foto: FLH. – In einem Biotop-Aquarium gibt es grundsätzlich nur Flora und Fauna aus einem klar definiertem Verbreitungsgebiet.

Jahreszeiten

Egal, wie genau das Biotop auch nachgebaut wurde, in einigen Punkten wird es sich immer von der Natur unterscheiden. Eine tägliche Gleichförmigkeit, wie sie in den meisten Aquarien herrscht, findet man draußen kaum. Hier verändern sich die Gewässer im Laufe der Jahreszeiten oft stark. Regenfälle oder Hitzeperioden haben beispielsweise immer auch einen entscheidenden Einfluss auf die Wasserwerte und die -temperatur. Auch das Futterangebot für die Fische ist üblicherweise nicht immer das gleiche – es gibt Zeiten, in denen es viele Insektenlarven gibt, und in anderen sind sie knapp. „Wer es mit der Biotop-Aquaristik ganz genau nehmen möchte, kann auch solche natürlichen jahreszeitlichen Schwankungen im Becken nachahmen. Wo man die Grenze der Originaltreue zieht, bleibt jedem selbst überlassen”, sagt Blessin. „Auch für Aquarien-Einsteiger ist die Biotop-Aquaristik ein interessantes Hobby. Sie sollten sich im Vorfeld allerdings ausreichend informieren und auch darüber im Klaren sein, dass die Auswahl der Fische, Wirbellosen, Pflanzen und Dekoration entsprechend des ausgewählten Biotops eingeschränkt ist.”

Quelle: FLH

Über die Fördergemeinschaft Leben mit Heimtieren e. V. (FLH):

Die Fördergemeinschaft „Leben mit Heimtieren“ e. V. (FLH) ist ein markenneutraler, freiwilliger Zusammenschluss von Mitgliedern der Zoofachhandelsbranche. Der Verein verfolgt das Anliegen, die positive Grundhaltung der Menschen gegenüber der Heimtierhaltung – speziell gegenüber der Aquaristik, Terraristik und des Teichbereichs – zu stärken. Zu diesem Zweck setzt sie auf PR-Maßnahmen wie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Messeauftritte im Endverbraucherbereich.

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